Möglicher neuer US-Justizminister William Barr: Zweifel an seiner Unabhängigkeit
William Barr soll noch einmal Justizminister der Vereinigten Staaten werden. Zunächst muss der US-Senat ihn bestätigen - und der hat viele Fragen.
Wie eine Bestätigung saßen sie da in den ersten Reihen. Einen nach dem anderen stellte William Barr sie vor: seine Frau, die drei Töchter, die Schwiegersöhne, den Enkel. Und bis auf seine Frau und den Enkel, der wohl einfach nur zu jung ist, arbeiten alle als Juristen. Eine Bilderbuchfamilie – wie gemacht für einen Justizminister der Vereinigten Staaten. Genau das soll William Barr werden, wenn es nach US-Präsident Donald Trump geht. Genauer gesagt, er soll es noch einmal werden. Denn der 68-Jährige hatte dieses Amt bereits Anfang der 1990er Jahre inne, damals hieß der Präsident George H. W. Bush. Ob Barr der Nachfolger des im November von Trump geschassten Jeff Sessions wird, liegt aber in der Macht des US-Senats, der die Personalie bestätigen muss. Die Abstimmung soll im Februar stattfinden.
Am Dienstag musste Barr den Senatoren im Justizausschuss fast neun Stunden lang Rede und Antwort stehen, am Mittwoch ging es weiter. Dass die Anhörung mit Spannung erwartet wurde, lag nicht an seiner fachlichen Eignung, die außer Frage steht, sondern vor allem daran, dass Barr selbst Zweifel daran geweckt hatte, dass er ein unabhängiger Minister wäre, unabhängig von Trump und dessen politischen Interessen. In einer juristischen Stellungnahme, die er im Juni 2018 als Privatmann nach eigenen Angaben an viele Interessierte verschickt hatte, unter anderem an einen Großteil von Trumps Rechtsberatern, kritisiert er die Russland-Untersuchung von FBI-Sonderermittler Robert Mueller scharf.
Konkret ging es dabei um den Verdacht, dass der Präsident etwa mit der Absetzung des FBI-Direktors James Comey den Straftatbestand der Justizbehinderung erfüllt haben könnte. Barr bezeichnete diese Theorie Muellers als falsch. Von Justizbehinderung könne keine Rede sein, daher dürfe der Sonderermittler den Präsidenten in dieser Sache auch nicht zu einer Befragung vorladen.
Mueller untersucht eine mögliche russische Einflussnahme auf den Präsidentschaftswahlkampf 2016 und auch, ob es zu geheimen Absprachen mit dem Trump-Lager und Vertretern Russlands kam. Für viele Demokraten war Barrs Memorandum ein Beleg dafür, dass Trumps Kandidat voreingenommen ist. Sie forderten im Vorfeld der Anhörung, seine Nominierung zurückzuziehen.
Barr versprach, die Russland-Ermittlungen nicht vorzeitig beende zu wollen
Diesem Verdacht trat Barr am Dienstag entgegen und gelobte gleich zu Beginn der Befragung, die Russland-Ermittlungen nicht vorzeitig beenden zu wollen. „Unter meiner Aufsicht wird Bob erlaubt werden, seine Arbeit zu Ende zu führen“, sagte Barr. Er glaube, dass die Russen versucht hätten, sich in die Wahlen einzumischen – „und dass wir der Sache auf den Grund gehen müssen“. Er verwies darauf, dass Trump jegliche Absprachen mit Russland dementiere. Barr betonte aber, er lasse sich nicht beeinflussen, weder vom Kongress, noch von den Medien oder dem Präsidenten. Auch widersprach er Trumps Vorwurf, dass es sich bei Muellers Ermittlungen um eine „Hexenjagd“ handele. „Ich glaube nicht, dass Herr Mueller an einer Hexenjagd beteiligt wäre.“ Er kenne Mueller seit 30 Jahren und sei mit ihm befreundet. Auf die Frage, ob er Mueller für unparteiisch halte, sagte er: „Absolut.“ Trump hat Mueller mehrfach in die Nähe der oppositionellen Demokraten gerückt.
Die Zusage Barrs, Mueller in Ruhe zu Ende arbeiten zu lassen, ist wichtig. Denn Trump kann den Sonderermittler nicht selbst entlassen, das kann nur der Justizminister. Barr hätte in diesem Amt zudem die Macht, Muellers Ermittlungen zu beschränken, zum Beispiel, wenn es um finanzielle Verstrickungen des Trump-Konzerns gehen sollte oder um den Verdacht der Justizbehinderung. Auch wird er darüber entscheiden, was mit dem Untersuchungsbericht am Ende passiert. Hier äußerte sich Barr am Dienstag widersprüchlich: Zwar betonte er, wie wichtig es sei, dass die Öffentlichkeit und der Kongress über die Ergebnisse der Russland-Untersuchung informiert würden. Sein Ziel sei, so transparent zu sein, wie es das Gesetz erlaube. Aber gleichzeitig ließ er offen, ob der Bericht selber öffentlich würde.
Ob Barrs Auftritt die Sorgen der demokratischen Senatoren restlos zerstreut hat, darf bezweifelt werden. Aber letztlich ist das nicht entscheidend. Trumps Republikaner könnten ihn mit ihrer Mehrheit in der Kongresskammer auch gegen die Stimmen der Opposition durchsetzen.