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Härte zeigen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD).
© REUTERS

De Maizière und Heiko Maas: Zwei im Bund gegen den Terror - aber in verschiedenen Rollen

Einer sucht die Lösung, der andere verkauft sie – wie sich Innenminister de Maizière und Justizminister Maas zum Terror einigten.

Ein Auftritt in Einigkeit, der auch ein Symbol sein sollte. Am Dienstag traten Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) in Berlin vor die Presse, um die staatliche Reaktion nach den Berliner Anschlägen zu präsentieren: Leichtere Abschiebehaft und Fußfesseln für so genannte Gefährder, denen die Behörden einen Anschlag zutrauen, bilden den Schwerpunkt.

Der Innenminister konnte den Austausch mit dem Justizkollegen entspannt erwarten. Die Idee, Gefährdern zum Schutz der Bevölkerung Fußfesseln anzulegen, war keine Maas-Geburt. Die Innenminister und -senatoren der Union hatten sie schon im Sommer 2016 in ihrer „Berliner Erklärung zu Sicherheit und Zusammenhalt in Deutschland“ proklamiert. Dort gab es allerdings nur einen Satz dazu, der alle juristischen Unwägbarkeiten ausklammerte: „Wir fordern elektronische Fußfesseln für Gefährder und verurteilte Extremisten.“

Ein Vorschlag, der nach dem Berliner Attentat absehbar neue Aktualität gewann. Daher war es auch wenig verwunderlich, als Maas die Forderung seinem Maßnahmekatalog eilig hinzufügte. Ein Referentenentwurf aus seinem Haus sieht bisher eine solche Möglichkeit zwar im Rahmen der Führungsaufsicht entlassener Straftäter vor. Voraussetzung dafür aber ist ein Urteil samt Strafhaft. Gefährder, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen, werden von dem Maas-Entwurf hingegen nicht erfasst.

Thomas de Maizière bot im Vorfeld des Gesprächs ein für Maas trittfestes Terrain, indem er dessen Vorstoß zur Fußfessel sogleich begrüßte, ohne die Urheberschaft der Union nachdrücklich nach außen zu kehren. Es sah damit so aus, als behalte Maas die Initiative. Im konkreten Ansatz stimmte das auch, aber nicht im Ergebnis. Denn Maas ist als Justizminister für die Gesetze zur Verfolgung von Straftaten zuständig. Ihre Verhütung, die Gefahrenabwehr also, ist Sache der Polizei in den Bundesländern und, soweit Bundesbehörden oder Bundesgesetze betroffen sind, die von de Maizière. Der Ball lag damit bei Maas, aber der Innenminister stand von vornherein als Anspielpartner bereit. „Mit Interesse“ ließ er zuvor verlauten, sehe er den Vorschlägen von Maas entgegen. So einigten sich die beiden auch: Der Innenminister will das Bundeskriminalamts-Gesetz um die Fußfessel anpassen, was die Länder dann, so hofft er, in ihre Polizeigesetze übernehmen mögen. Auch um die fälligen Änderungen zu Abschiebung und Asyl wird er sich kümmern.

Von den beiden ist bekannt, dass sie gut miteinander können. Jedenfalls ist das der Eindruck, den sie erwecken, wenn Kameras und Mikrofone abgestellt sind. De Maizière fehlt das Hardlinerhafte seines früheren Amtsvorgängers Wolfgang Schäuble (CDU), der als zuständiger Minister laut darüber nachdachte, ob es Möglichkeiten gebe, „solche Gefährder zu behandeln wie Kombattanten und zu internieren“. Kombattanten, dass sind nach dem Kriegsvölkerrecht Mitkämpfer einer Konfliktpartei, die getötet werden dürfen – oder in Kriegsgefangenschaft kommen.

Maas teilt in erster Linie mit, was er will und nur in zweiter, ob er überhaupt zuständig ist

De Maizière scheut die Effekte, die sich mit einem solchen Auftreten verbinden. Ihm ist eine Lösung in der Sache wichtiger, als sie als Angebot auf dem politischen Markt zu platzieren. Das überlässt er im Zweifel lieber anderen, etwa solchen wie Maas, die in erster Linie mitteilen, was sie wollen, und nur in zweiter, ob sie dafür überhaupt zuständig wären.

Trotzdem ist die Situation auch für den Justizminister eine Herausforderung. Alles darf passieren, nur nicht, dass die SPD bei der Suche nach Strategien zur Terrorabwehr als Bremser erscheint. Hier hatte de Maizière mal einen Akzent gesetzt, indem er per Zeitungsartikel „Leitlinien für einen starken Staat“ präsentierte, auf den SPD-Parteichef Sigmar Gabriel umgehend erwiderte. Auch Maas hatte kein Problem, mit dem föderalen Widerstand gegen die Pläne des Innenministers aufzutrumpfen. „Da sich Herr de Maizière nicht einmal mit der CSU geeinigt hat, werden seine Vorschläge zu einer Strukturveränderung der Sicherheitsbehörden keine Rolle spielen“, ließ er im Vorfeld des Gesprächs am Dienstag wissen.

Bei den Verhandlungen konnte sich Gabriel auf seinen Mann für Justiz verlassen, den er als Überraschungskandidaten für das Amt aus dem Saarland geholt hatte. Seine Rolle als linkes Gewissen übertrug Maas zwar bruchlos auch auf die neue Aufgabe, doch wenn es darum geht, Regierungsfähigkeit zu erweisen, hört der 50- Jährige auf die Stimme der Partei und ihres Herrn. So war es auch in der Debatte um eine Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung, die Maas nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) auf Eis gelegt hatte. Als Gabriel mitmachen wollte, war auch Maas dabei. So wird es auch jetzt sein – wobei einige Regelungen auch ein verfassungsrechtlicher Grenzgang werden dürften. Maas wird das nicht überbetonen. In der Sympathiewerbung hat er sich auf den Kampf gegen Pegida und Konsorten sowie Facebook-Hetzte verlegt. Dort muss man weniger Kompromisse machen. Jost Müller-Neuhof

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