Jahresbericht des Wehrbeauftragten: Zurück im Friedensmodus
Der Krieg in Afghanistan ist vorbei. Das schlägt sich auch in den Eingaben an den Wehrbeauftragten nieder. Statt über Ausrüstungsmängel im Einsatz beschweren sich Soldaten nun eher über schimmelige Duschen in der Kaserne.
Temperamentvolle Auftritte lagen Hellmut Königshaus noch nie. Inzwischen scheinen diese auch nicht mehr nötig zu sein für den Wehrbeauftragten des Bundestages. Am Dienstagmorgen hat Königshaus seinen jährlichen Bericht zum Zustand der Truppe vorgelegt. Und nicht nur sein nüchterner Ton machte deutlich, dass sich bei der Bundeswehr etwas verändert hat: Sie ist wieder im Friedensmodus.
Mängel im Grundbetrieb
Nicht mehr Ausrüstungsmängel im Einsatz, wo gutes Material über Leben und Tod entscheiden kann, stehen im Mittelpunkt der Beschwerden von Soldaten, sondern der Alltag in den Kasernen. Mit Beginn des neuen Jahres ist der Kampfeinsatz in Afghanistan (Isaf) in eine Ausbildungsmission umgewandelt worden. Statt mehreren Tausend Soldaten werden nur noch bis zu 850 am Hindukusch Dienst tun. Ganz verschwunden ist das Thema Afghanistan aber nicht, denn noch immer haben viele Soldatinnen und Soldaten mit den Folgen traumatischer Erlebnisse aus dem Einsatz zu kämpfen. Oft brechen diese Traumata erst nach Jahren auf. „Die Zahl der psychischen Erkrankungen dürfte noch weiter ansteigen“, sagte Königshaus.
Folgenreiche Fixierung auf Afghanistan
Zu den Folgen der Afghanistan-Mission gehört auch, dass Ausrüstung und Material in Bereichen, die für diesen Einsatz nicht wichtig waren, vernachlässigt wurden. Außerdem fehlte Geld für die Modernisierung von Kasernen. Die Neuausrichtung der Bundeswehr sei an den Erfordernissen des Isaf-Einsatzes geknüpft gewesen, konstatiert der Wehrbeauftragte. Konkret wurden unter anderem gepanzerte Fahrzeuge angeschafft. Königshaus will das nicht kritisieren, schließlich hat er in den vergangenen Jahren selbst nachdrücklich Nachbesserungen zur Sicherheit der Soldaten gefordert.
Zukunftsthemen
Doch nun haben die Soldaten wieder andere Sorgen. In ihren Eingaben beim Wehrbeauftragten klagen sie über schimmelnde Duschen und einsturzgefährdete Unterkünfte. Etwa die Hälfte aller Bundeswehr-Unterkünfte habe Mängel, sechs Prozent seien sogar unbewohnbar, erklärt Königshaus. Er sieht hier „massiven“ Investitionsbedarf in Höhe dreistelliger Millionenbeträge. Eingeplant sind die nicht. Ministerin Ursula von der Leyen (CDU), schenke den Berichten aber die notwendige Aufmerksamkeit und ziehe Konsequenzen, lobt Königshaus. Es gehe um mehr als die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Soldaten, um die Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber ganz allgemein. Auch das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie steht für den Wehrbeauftragten daher ganz oben auf der Zukunftsagenda der Bundeswehr. „Ich bin sehr froh, dass die Ministerin dies jetzt angeht“, sagt er.
Keine Hubschrauber bei der Marine
Schon jetzt gebe es gravierende Personalprobleme im Sanitätsdienst, bei IT-Spezialisten und Technikern. „Sie werden dann zum Teil regelrecht verbraucht, weil sie häufiger in Einsätze geschickt werden als vorgesehen.“ Das betreffe etwa Soldaten, die mit den Patriot-Abwehrsystemen in der Türkei stationiert seien, um den Nato-Bündnispartner vor Raketenangriffen aus Syrien zu schützen. Statt alle zwei Jahre müssten sie inzwischen ein- bis zweimal im Jahr in den Einsatz. Diese und andere kleinere Bundeswehr-Missionen, so fügt Königshaus hinzu, hätten zudem ebenfalls unter der Afghanistan-Fixierung gelitten. So habe die Marine am Horn von Afrika nicht einmal mehr einsatzbereite Hubschrauber, um die sogenannten Boarding-Teams im Kampf gegen Piraten aus der Luft zu unterstützen. „Hier muss es Korrekturen bei der Neuausrichtung geben“, fordert Königshaus – unaufgeregt, aber deutlich.
Freundliche Nachrufe
Auch im Abschied bleibt sich der letzte FDP-Politiker im Bundestag treu. Der Jahresbericht 2014 ist der letzte, den er zu verantworten hat, im Mai endet seine Amtszeit. Bereits im Dezember wählte der Bundestag seinen Nachfolger, den SPD-Politiker Hans-Peter Bartels. „Viele Journalisten haben daher bereits Nachrufe auf mich geschrieben. Die waren meist freundlich, dafür möchte ich mich bedanken.“