Impfstoff gegen Coronavirus schon im Herbst?: Zulassungsstelle zweifelt an Hopps Ankündigung
Einen Impfstoff könne es vielleicht schon im Herbst geben, sagt Dietmar Hopp, Miteigentümer von CureVac. Experten halten das für unrealistisch.
Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, den sich die Wissenschaftler derzeit liefern: Während sich das Coronavirus weltweit ausbreitet und die Zahl der Infizierten und Toten rapide ansteigt, forschen zahlreiche Labore und Unternehmen an einem Impfstoff. Mindestens 47 Forschungsteams arbeiten unter Hochdruck an der Entdeckung eines neuartigen Vakzins, schätzt der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa).
Auch drei deutsche Projekte sind ganz vorne mit dabei: das deutsche Unternehmen BioNTech in Mainz (in Kooperation mit Pfizer), das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) in Hamburg und die Pharmafirma CureVac in Tübingen.
CureVac war in den vergangenen Tagen wiederholt in die Schlagzeilen geraten, zuletzt am Mittwoch, als Miteigentümer Dietmar Hopp in der Bild-Zeitung Hoffnungen machte, das Pharmaunternehmen könne den Impfstoff möglicherweise schon im Herbst liefern. „Bei positivem Verlauf könnten wir ungefähr im Frühsommer mit klinischen Tests beginnen“, hatte der SAP-Gründer und Mäzen des Fußball-Bundesligisten Hoffenheim der Zeitung gesagt.
Weil der Druck, ein Impfmittel gegen das gefährliche Virus zu finden, enorm hoch sei, werde es laut Hopp mit der Genehmigung durch die Behörden schneller gehen als in anderen Fällen. „Wir wären also in der Lage, den Impfstoff im Herbst zu liefern“, so der 79-Jährige.
Paul-Ehrlich-Institut hält den Zeithorizont für unrealistisch
Doch diesen Zeithorizont hält das für die Zulassung zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) für unrealistisch. „In Fällen wie dem Impfstoff gegen das SARS-CoV-2 Virus bietet das PEI die Möglichkeit eines ,Rolling Review’, um das Verfahren der Genehmigung zu beschleunigen“, sagt eine PEI-Sprecherin Tagesspiegel Background.
Gleiches gelte nach erfolgreichem Abschluss der klinischen Prüfungen für den Antrag auf Zulassung bei der europäischen Arzneimittelagentur EMA. Das alles brauche aber seine Zeit, trotz beschleunigtem Verfahren. „Vor diesem Hintergrund ist es ausgeschlossen, dass bis zum Herbst ein Corona-Impfstoff zugelassen und damit für alle verfügbar ist“, sagt die Sprecherin.
BioNTech will Ende April beginnen
Auch Marylyn Addo, die am Hamburger DZIF die Forschung an einem Serum gegen das Coronavirus leitet, dämpft die Hoffnung auf eine Lösung noch in diesem Jahr. Frühestens 2021 sei ein Impfstoff flächendeckend einsetzbar, sagte sie am Mittwoch im Deutschlandfunk.
Die Markteinführung dauere deshalb so lange, weil Wissenschaftler bei der Entwicklung eines Wirkstoffes „keine Abkürzungen“ nehmen können. Klinische Versuche könnten in keinem Fall übersprungen werden, um die gesunden Menschen, denen das Vakzin später gespritzt wird, nicht zu gefährden.
BioNTech, das dritte deutsche Unternehmen, das an einem Impfstoff gegen das Coronavirus arbeitet, will so rasch wie möglich in die Testphase seines Wirkstoffes einsteigen. „BioNTech beabsichtigt, vorbehaltlich der behördlichen Genehmigung, die klinische Studie des Produktkandidaten BNT162 Ende April 2020 zu beginnen“, teilt die Firma auf Anfrage mit.
Wann das Vakzin dann reif für die Markteinführung sein werde, sei derzeit noch nicht abzusehen. „Das Unternehmen plant, die zukünftige kommerzielle Herstellung in Deutschland durch zusätzliche Investitionen auf- und auszubauen“, so die Firma.
Auch israelisches Gesundheitsministerium forscht
Im Wettlauf um einen Coronavirus-Impfstoff werden derzeit drei Firmen die besten Chancen zugesprochen: den beiden deutschen Unternehmen CureVac und BioNTec sowie der amerikanischen Firma Moderna aus Cambridge. Moderna hat in Seattle sogar schon mit Tests an Menschen begonnen. Der Wirkstoff wurde unter großem Interesse der US-Presse einer ersten Probandin zum Testen gespritzt. Alle drei Firmen arbeiten mit der sogenannten mRNA-Technik, die am Erbgut des Virus ansetzt.
Die CEPI (Coalition for Epidemic Preparedeness Innovations), eine private, durch Spenden finanzierte Initiative zur Erforschung von Impfstoffen, unterstützt auch noch andere internationale Forschungsprojekte: neben CureVac und Moderna auch die US-Unternehmen Inovio und Novavax sowie Projekte der australischen University of Queensland und der britischen University of Oxford.
Auch Janssen vom Konzern Johnson & Johnson versucht gerade einen Ebola-Impfstoff, der derzeit in der EU im Zulassungsverfahren ist, weiterzuentwickeln. Neben zahlreichen privaten Laboren forschen zudem noch die Universitäten in Cambridge und Hongkong sowie das israelische Gesundheitsministerium nach einem Vakzin gegen das Coronavirus.
Beate Wild