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Ein Arzt hält Geldscheine in der Hand.
© dpa

Zusatzbeiträge: Zugunsten der Versicherten

Viele Krankenkassen nutzen die Einführung der Zusatzbeiträge erst einmal zum Lockangebot für Kunden. Doch dabei wird es nicht bleiben.

Gesundheitsminister Hermann Gröhe scheint mit seiner Prognose recht zu behalten. Der Beschluss, den allgemeinen Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) um 0,9 Prozent zu senken und den Krankenkassen dafür Zusatzbeiträge in unbegrenzter Höhe zu ermöglichen, wird die mehr als 50 Millionen Kassenmitglieder zunächst eher ent- als belasten. Nach aktuellem Stand hat dadurch mindestens jeder Fünfte im kommenden Jahr weniger zu zahlen als bisher. Mehr von seinen Mitgliedern zu verlangen, traut sich dagegen bislang kein einziger der rund 130 Versicherer.

Bei der Techniker wird es billiger

Am Freitag hat sich der größte Anbieter, die Techniker Krankenkasse, auf eine geringfügige Beitragssenkung festgelegt. Sie will von ihren 6,7 Millionen Mitgliedern einen Zusatzbeitrag von 0,8 Prozent. Dadurch sinkt deren Gesamtbeitrag von 15,5 auf 15,4 Prozent – sie sparen im Jahr bis zu 48 Euro. Am Tag zuvor hatte sich die IKK Classic (2,6 Millionen Mitglieder) bereits auf den gleichen Satz festgelegt.

Und einige können noch günstiger. Von den großen Betriebskrankenkassen will die BIG-direkt mit 0,7 Prozent und die HKK mit 0,4 Prozent Zusatzbeitrag auskommen. Die AOK Sachsen-Anhalt und die für Sachsen und Thüringen zuständige AOK Plus locken mit 0,3 Prozent. Und eine Kasse, die Metzinger BKK, hat angekündigt, überhaupt keinen Zusatzbeitrag zu nehmen. Allerdings kommen bei der mit 1100 Mitgliedern wohl kleinsten Kasse Deutschlands ausschließlich Mitglieder aus Baden-Württemberg zum Zuge.

DAK lässt alles beim Alten

Andere große Anbieter lassen für ihre Mitglieder alles beim Alten. Beschlossen haben dies bereits die DAK-Gesundheit, die Deutsche BKK und die AOK Bayern. Sie nehmen von ihren knapp neun Millionen Mitgliedern einen Zusatzbeitrag, der exakt der Entlastung durch den gesenkten allgemeinen Satz entspricht: 0,9 Prozent. Die Barmer-GEK und die AOK Nordost haben sich noch nicht festgelegt, doch dass sie mehr verlangen könnten, ist aus der Sicht von Branchenexperten so gut wie ausgeschlossen.

Der Konkurrenzdruck und die Angst, im neu entbrannten Preiswettbewerb Versicherte zu verlieren, ist einfach zu groß. Schließlich hat jedes Kassenmitglied, wenn es Zusatzbeiträge aufgebrummt bekommt, ein Sonderkündigungsrecht – und damit, unabhängig wie lange es schon versichert ist, bis Ende Januar wieder die freie Wahl zwischen allen bundesweiten Anbietern. Und wenn eine Kasse mehr nehmen will als den Durchschnittssatz, muss sie ihre Kunden sogar eigens auf günstigere Mitbewerber verweisen.

Preisvorteile sind nicht alles

Verbraucherschützer warnen jedoch davor, die Kassenzugehörigkeit allein von der Höhe der Zusatzbeiträge abhängig zu machen. Ebenso wichtig sei der Blick auf die Qualität der Anbieter, mahnen sie – also etwa deren Erreichbarkeit, ihre finanzielle Solidität, Unterstützungsofferten gegenüber Ärzten oder die Möglichkeit, Leistungen über den gesetzlichen Katalog hinaus bezahlt zu bekommen.

Gleichwohl wissen die Kassen um die Signalwirkung des Preises. Vielen ist es so wichtig, jetzt nicht über den Durchschnittssatz zu rutschen, dass sie dafür sogar einen Teil ihrer Rücklagen investieren. Dass die Beiträge in den Folgejahren steigen werden, ist ohnehin klar.

Die Grünen-Expertin Maria Klein-Schmeink prognostiziert bis 2017 Zusatzbeiträge von bis zu zwei Prozent – was einem Gesamtsatz von 16,6 Prozent entspräche. Die Arbeitgeber trifft das nicht. Für sie bleibt es bei 7,3 Prozent. Die Versicherten jedoch sähen „doppelt in die Röhre“, sagt die Politikerin. Zum einen stiegen ihre Beiträge, zum andern strichen die Kassen Leistungen und Service zusammen, um sich im Preiswettbewerb behaupten zu können.

Rainer Woratschka

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