NSU-Prozess: Zschäpe-Verteidiger scheitern erneut mit Befangenheitsantrag
Die Verteidiger von Beate Zschäpe sind erneut mit einem Befangenheitsantrag gegen einen der Richter gescheitert. Grund für die Beschwerde war ein Buchstabenkürzel auf einem Aktenordner.
Im NSU-Prozess haben sich die Verteidiger der Hauptangeklagten Beate Zschäpe mit einem Befangenheitsantrag gegen einen der acht Richter nicht durchsetzen können. Drei Mitglieder des 6. Strafsenats am Oberlandesgericht München, darunter der Vorsitzende Richter Manfred Götzl, wiesen am Dienstag nach Informationen des Tagesspiegels das Ablehnungsgesuch gegen ihren Kollegen Peter Lang „als unbegründet“ zurück.
Die Verteidiger hatten vergangene Woche dem beisitzenden Richter Lang vorgehalten, er sei nicht unvoreingenommen, da auf dem Rücken eines seiner Aktenordner handschriftlich „HV NSU“ steht. Die Buchstaben stehen für „Hauptverhandlung Nationalsozialistischer Untergrund“. Aus Sicht der Anwälte Zschäpes muss aber erst noch im Prozess geklärt werden, ob es den NSU überhaupt gab. Dem Befangenheitsantrag hatten sich die Verteidiger der Angeklagten Ralf Wohlleben und André E. angeschlossen.
Die Frage nach der Existenz des NSU ist vor allem für Zschäpe von großer Bedeutung. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr vor, sie sei Gründungsmitglied der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ gewesen und habe sich an allen Verbrechen als Mittäterin beteiligt. Das bestreiten die Verteidiger. Sollte der Strafsenat dennoch Zschäpe der Mittäterschaft für schuldig halten, droht ihr eine extrem hohe Strafe. Vermutlich würden die Richter sie zu lebenslanger Haft verurteilen und eine besondere Schwere der Schuld feststellen. Dann könnte Zschäpe nicht nach 15 Jahren freikommen. Möglich wäre zudem eine Sicherungsverwahrung nach der Haft.
Das Kürzel „HV NSU“ ist für die Kollegen von Richter Lang allerdings, wie es im knappen Beschluss zur Ablehnung des Befangenheitsantrags heißt, nur eine „schlagwortartige Bezeichnung des Prozessgegenstands“. Es lägen keine Gründe vor, die „für einen verständigen Angeklagten“ geeignet seien, Misstrauen in die Unparteilichkeit von Richter Lang zu rechtfertigen. Die Verteidiger Zschäpes und Wohlleben haben im Prozess schon mehrere Befangenheitsanträge gestellt, sie wurden alle abgewiesen.
Unterdessen fiel der für diesen Dienstag geplante Prozesstag aus. Der einzige vorgesehene Zeuge befindet sich in einem Auslandsurlaub. Die Ladung hatte den Mann zu spät erreicht. Der Zeuge sollte zur Weitergabe der Pistole Ceska 83 befragt werden, mit der Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt neun Migranten erschossen hatten. Die Waffe war von der Schweiz über mehrere Stationen zur Terrorzelle gelangt.