Revisionen im NSU-Verfahren gescheitert: Zschäpe hat mitgeplant und mitgemordet
Der Bundesgerichtshof hat das Urteil gegen Zschäpe und zwei Komplizen klar bestätigt. Dennoch bleibt der NSU-Komplex eine offene Wunde. Ein Kommentar
Die erste Reaktion ist natürlich: Erleichterung. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Oberlandesgerichts München gegen Beate Zschäpe bestätigt. Der ungeheuerliche NSU-Komplex ist nun juristisch weitgehend aufgearbeitet. Im Dezember wird der BGH nur noch entscheiden, ob die sehr niedrige Strafe für den Neonazi André E., den wohl treuesten Kumpan der Terrorzelle, bestehen bleibt oder geändert wird. Dann ist Schluss.
Hätte der BGH jetzt anders entschieden, hätte er also Zschäpe vom Vorwurf der Mittäterschaft an den zehn Morden und weiteren Verbrechen des NSU entlastet, wäre eine teilweise Wiederholung des quälenden Prozesses zu befürchten gewesen, der mehr als fünf Jahre gedauert hatte. Nicht nur für die Hinterbliebenen der Mordopfer eine traumatische Vorstellung. Doch nun gibt es die ersehnte Klarheit: Zschäpe hat mitgemordet, auch wenn sie nicht an den Tatorten war. Der BGH hat die gravierenden Indizien genauso bewertet wie die Richter in München. Es wäre auch schwer zu erklären gewesen, warum Zschäpe nach dem Tod ihrer Komplizen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos die Fluchtwohnung in Zwickau in Brand setzte und die Bekenner-DVD der Terrorzelle verschickte, ohne Mitglied des NSU gewesen zu sein.
Die zweite Reaktion ist allerdings: Ernüchterung. Trotz des enormen Aufwands, mit dem die Justiz den NSU durchleuchtet hat, trotz der vielen parlamentarischen Untersuchungsausschüsse zum Versagen der Behörden bleiben brisante Fragen offen. Haben Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Zschäpe tatsächlich alleine gemordet und gebombt? Gab es über die Mitangeklagten im NSU-Verfahren hinaus keine weiteren Helfer? Nicht einmal in Nürnberg, wo die Terrorzelle drei Menschen tötete und einen Sprengstoffanschlag verübte? Und bekamen die vielen V-Leute im Umfeld des NSU wirklich nur wenig oder gar nichts mit? Unklar bleibt auch, was Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe in den fast 14 Jahren im Untergrund machten, wenn es keinen Anschlag oder Raub geplant hat. Der NSU-Komplex ist leider immer noch, fast zehn Jahre nach dem Ende der Terrorzelle, mit blinden Flecken behaftet. Das ist beschämend. Und es ist bitter für die Angehörigen der Ermordeten wie für die Opfer, die verletzt überlebten. Der Fall NSU bleibt eine offene Wunde: für alle Betroffenen – und für die Bundesrepublik.