Brennende Israel-Fahnen vor Synagogen: Zentralrat der Juden entsetzt über Angriffe auf Gotteshäuser
Aufgeputschte Israelhasser zünden in Bonn und Münster Israel-Flaggen an. Im Internet kursiert eine Anschlagsdrohung gegen jüdische und israelische Einrichtungen
Der eskalierende Konflikt zwischen Israel und der palästinensischen Terrororganisation Hamas wird auch in Deutschland spürbar. Am Dienstagabend zündeten junge Männer arabischer und anderer Herkunft vor den Synagogen in Bonn und Münster israelische Flaggen an. In Bonn flogen auch Steine gegen die Eingangstür des Gotteshauses. Die Polizei konnte in beiden Städten rasch mehrere Tatverdächtige aufspüren. Am Montagabend hatte zudem in Düsseldorf ein unbekannter Täter am Denkmal für die von den Nazis zerstörte Großen Synagoge Müll angezündet. Am Mittwoch wurde zudem eine Drohung mit Anschlägen bekannt, die im Internet kursiert. Ein in Deutschland lebender Syrer, der angeblich für eine Gruppe von Syrern und Palästinensern spricht, postete "wir werden euch verbrennen, wie Hitler es tat". Möglicherweise gibt es eine Verbindung zum Angriff auf die Synagoge in Bonn. Der Zentralrat der Juden in Deutschland ist entsetzt.
"Die Bedrohung für die jüdische Gemeinschaft wächst", sagte am Mittwoch der Präsident des Zentralrats, Josef Schuster. Das zeigten die Verbrennungen von israelischen Flaggen vor den Synagogen in Bonn und Münster. Außerdem seien "Israel und Juden insgesamt" vor allem in den sozialen Medien Hass und Hetze ausgesetzt. Schuster forderte, "der Schutz jüdischer Einrichtungen muss jetzt erhöht werden. Wir erwarten gerade von den Bürgern in Deutschland Solidarität mit Israel und der jüdischen Gemeinschaft. Wir alle gemeinsam müssen uns an die Seite des jüdischen Staates stellen.“
Polizei geht von einer "Resonanztat" aus
In Bonn, Münster und Düsseldorf übernahm der für politisch motivierte Straftaten zuständige polizeiliche Staatsschutz die Ermittlungen. Bisher ergibt sich folgender Stand: Die in Bonn festgenommenen Verdächtigen im Alter von 20 bis 24 Jahren haben einen arabischen Hintergrund. Die Polizei sucht zudem ein dunkelhaarige Frau, die von Zeugen während des Angriffs auf die Synagoge beobachtet wurde.
Sicherheitskreise sprechen von einer "Resonanztat" als Reaktion auf die Auseinandersetzung zwischen Israel und der Hamas. Nach bisherigen Erkenntnissen gehen die Sicherheitsbehörden nicht von einem professionell geplanten Anschlag aus, eher von einer "Erregungstat" angesichts der Bilder von palästinensischen Protesten in Jerusalem und dem wechselseitigen Raketenbeschuss von Hamas und Israel.
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Ähnlich ist die Lage in Münster. Zeugen hatten am Dienstagabend der Polizei eine 15-köpfige Gruppe gemeldet, die vor der Synagoge Parolen rief und eine israelische Fahne verbrannte. Die Beamten konnten noch am Tatort zehn Personen stellen, drei weitere wurden in der Nähe ergriffen. Bei den Tatverdächtigen gebe es mehrere Staatsangehörigkeiten, sagte eine Sprecherin der Polizei dem Tagesspiegel. Fünf sind Syrer, einer stammt aus der Türkei, einer ist Kosovare, zwei sind Iraker, einer hat die israelische Staatsangehörigkeit, einer die libanesische, einer die deutsche, ein weiterer Staatsbürger von Deutschland und Togo. Zehn der Männer sind mehrfach mit unpolitischen Delikten aufgefallen - Raub, Diebstahl, Drogen, Körperverletzung, Bedrohung. Einen Vorlauf mit politisch motivierten Delikten gibt es allerdings nicht.
Der Tatvorwurf wegen des Angriffs an der Synagoge lautet Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Die Polizei prüft, ob auch Paragraf 104 des Strafgesetzbuches infrage komme. Da geht es um "Verletzung von Flaggen und Hoheitszeichen ausländischer Staaten", die Höchststrafe liegt bei zwei Jahren.
In Düsseldorf scheint es ebenfalls Chancen zu geben, den Täter zu fassen, der am Mahnmal für die ehemalige Synagoge das Feuer entzündete. Der Standort in der Kasernenstraße wird offenbar mit Videokameras überwacht. Der Täter ist vermutlich gefilmt worden.
Josef Schuster macht die Hamas für Eskalation verantwortlich
Josef Schuster betonte am Mittwoch auch, der Zentralrat verfolge mit tiefer Sorge "die gewalttätigen Angriffe auf Israel in den vergangenen Tagen. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer und den Verletzten, denen wir rasche Genesung wünschen! Wir bangen mit den Menschen in Israel um ihre Sicherheit." Die Verantwortung für die Eskalation der Gewalt "liegt ganz klar auf Seiten der Hamas", sagte Schuster. "Die Terrororganisation nutzt das politische Vakuum durch die verschobenen Wahlen in den palästinensischen Gebieten, um sich als Schutzmacht der Palästinenser aufzuspielen. Dafür attackiert sie skrupellos die israelische Zivilbevölkerung und nimmt bewusst Tote und Verletzte auch auf palästinensischer Seite in Kauf. Damit zeigt die Hamas erneut ihr wahres Gesicht. Der Raketenhagel auf Israels Bürgerinnen und Bürger ist abscheulich und durch nichts zu rechtfertigen. Viele Israelis mussten die Nacht in Schutzbunkern verbringen. Israel hat das Recht und die Pflicht, seine Bevölkerung vor den Terrorangriffen der Hamas zu schützen."
Der Berliner Antisemitismusbeauftragte Samuel Salzborn sagte dem Tagesspiegel, "Terror gegen Israel führt in Deutschland immer wieder zu ganz offenem Antisemitismus: das war 2014 beim Anschlag auf die Wuppertaler Synagoge so, das ist 2021 bei mehreren Angriffen auf Synagogen wieder der Fall. Antisemit*innen ist es völlig egal, was Israel tut oder nicht – sie nutzen jeden Vorwand, um ihren antisemitischen Hass auszuleben. Wenn Israel sich gegen Angriffe verteidigt, führt das dazu, dass das Leben von Jüdinnen und Juden in Deutschland von Antisemit*innen bedroht wird. Mehr denn je ist deshalb der Schutz jüdischer Einrichtungen in Deutschland das Gebot der Stunde."
Justizministerin Lambrecht: antisemitischer Hass ist eine Schande
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) betonte, "wir werden nicht tolerieren, dass auf deutschem Boden israelische Flaggen brennen oder jüdische Einrichtungen angegriffen werden. Antisemitischen Hass werden wir mit allen Mitteln des Rechtstaates bekämpfen. Jüdinnen und Juden müssen in Deutschland sicher leben können. Das ist der Anspruch für uns alle und dafür trete ich mit aller Vehemenz ein. Die Sicherheitsbehörden müssen das Menschenmögliche tun, um den Schutz jüdischer Einrichtungen zu gewährleisten. Nie wieder dürfen Jüdinnen und Juden in unserem Land in Angst leben."
Auch Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) verurteilte die Angriffe auf Synagogen und das Verbrennen von Israel-Fahnen in Deutschland. "Dieser antisemitische Hass ist eine Schande", sagte Lambrecht. "In einer Stunde, in der in Israel Menschen angesichts der Raketenangriffe Todesangst erleiden, zeigen diese Taten nichts als schreckliche Menschenverachtung. Die Täter müssen ermittelt und zur Verantwortung gezogen werden. Synagogen und jüdische Einrichtungen müssen konsequent und umfassend geschützt werden." Lambrecht betonte, "wir stehen fest an der Seite Israels. Die brutalen Raketenangriffe aus dem Gazastreifen auf israelische Zivilisten sind durch nichts zu rechtfertigen und müssen sofort beendet werden. Meine Gedanken sind bei Familien und Kindern, die den schlimmen Raketenangriffen ausgesetzt sind. Israel hat das Recht sich zu verteidigen. Ich habe heute meinem israelischen Amtskollegen Benjamin Gantz geschrieben und meine Solidarität mit Israel zum Ausdruck gebracht. Eine weitere Eskalation der Gewalt muss unbedingt vermieden werden."
Auch der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, zeigte sich erschüttert über die nächtlichen Angriffe auf Synagogen in Deutschland und die Verbrennung von israelischen Fahnen. „Diese Form des Protestes verurteile ich auf das Schärfste", sagte Bätzing am Mittwoch. "Es darf nicht zugelassen werden, dass ein politischer Konflikt mit religiösem Fanatismus verbunden und aufgeladen wird. Angriffe auf Synagogen sind purer Antisemitismus, der mit nichts zu rechtfertigen ist.“
FDP-Politiker fordert "360-Grad-Blick beim Antisemitismus in Deutschland"
Der religionspolitische Sprecher und Antisemitismusbeauftragte der FDP-Fraktion, Benjamin Strasser, sieht in den Angriffen „ein deutliches Beispiel von israelbezogenem Antisemitismus, den Jüdinnen und Juden in Deutschland seit vielen Jahren ertragen müssen". Unter angeblich legitimer „Israelkritik“ werde unverhohlen das Existenzrecht des Staates Israel in Frage gestellt und gewalttätiger Antisemitismus relativiert. "Wir brauchen endlich einen 360 Grad-Blick beim Antisemitismus in Deutschland", forderte Strasser. "Jüdinnen und Juden müssen sich gerade jetzt der Solidarität und dem entschlossenen Handeln der deutschen Bundesregierung sicher sein können. Das beginnt damit, den Raketenterror der Hamas gegen Israel auch international wahrnehmbar zu verdammen. Gemeinsam mit den Landesregierungen muss sichergestellt werden, dass israelische und jüdische Einrichtungen wirksam geschützt werden und durch wahrnehmbare Polizeipräsenz vor Ort verstärkt werden. Zudem muss Antisemitismus von deutschen Sicherheitsbehörden besser als solcher auch erkannt werden. Die Arbeitsdefinition der IHRA muss Grundlage für die Arbeit der entsprechenden staatlichen Stellen werden.“
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