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Südafrikas neuer Präsident Cyril Ramaphosa freut sich während einer ANC-Veranstaltung.
© AFP

Neuer Präsident Cyril Ramaphosa: Zeitenwende in Südafrika

Jacob Zuma tritt als Präsident ab – sein Nachfolger Cyril Ramaphosa muss das Land ganz neu aufstellen.

Das letzte Mal, als Jacob Zuma mit gesenktem Blick mitten in der Nacht zur Nation sprach, verkündete er den Tod des Staatshelden Nelson Mandela. Mittwochabend gab er sein eigenes politisches Ende bekannt. Die Hoffnung ist nun groß, dass mit dem Rücktritt des skandalträchtigen Präsidenten auch die Ära von Vetternwirtschaft, staatlicher Willkür und wirtschaftlicher Eiszeit endet.

„Niemand sollte in meinem Namen sein Leben verlieren, auch der ANC sollte in meinem Namen nicht zerbrechen. Deshalb trete ich mit sofortiger Wirkung als Präsident der Republik zurück.“ Das erklärte Zuma am Tag, nachdem der Afrikanische Nationalkongress (ANC) den 75-Jährigen offiziell abberufen hatte. Bis zuletzt sah es so aus, als gäbe Zuma nicht kampflos auf. Bloß Stunden zuvor hatte er dem Staatsfernsehen ein Interview gegeben, das mehr Fragen als Antworten über seinen Rücktritt aufwarf. Es sei „unfair“, wie der ANC ihn behandle. Er habe sich während der Verhandlungen mit der Parteispitze als „Opfer“ gefühlt. Ganz so, als gelte es, das verlorene Vertrauen der Südafrikaner zurückzugewinnen, betonte Zuma, die Partei habe ihn bis zuletzt nicht über die Gründe für seinen Abruf informiert.

Die Rede war symbolisch für Zumas Amtszeit: Seine Regierung hatte den Blick für die Realität verloren. Ein Scherbenhaufen ist Südafrika noch nicht, jedoch hinterlässt der abgesetzte Staatschef tiefe Risse im Fundament. Unter seinen Fehlentscheidungen litt die Wirtschaft schwer. Mehrere Ratingagenturen stuften das Land vergangenes Jahr auf „Ramschniveau“ herab. Die Landeswährung Rand schickte Zuma auf Talfahrt, als er 2015 binnen 48 Stunden zweimal den Finanzminister auswechselte. Entsprechend groß ist die Herausforderung für Zumas Nachfolger Cyril Ramaphosa.

Südafrika hofft auf einen politischen und wirtschaftlichen Frühling

Für Ramaphosa gilt es nicht nur, das Vertrauen internationaler Investoren zu gewinnen und Südafrika wieder als Wirtschaftsmotor der Region zu vermarkten. Auch durch Korruptionsbekämpfung muss er das Ansehen des Landes auf der Weltbühne wieder stärken. Nur so können die Arbeitslosigkeit von 27 Prozent und die Armut von 55 Prozent auf lange Sicht gedrosselt werden.

Ramaphosa kündigte nach seiner Wahl vergangenen Dezember zum ANC-Präsidenten an, hart gegen Korruption vorzugehen – ein indirekter Angriff auf den abgewählten Staatschef und dessen Geschäftspartner. Denn während die Ökonomie unter Zuma siechte, blühten Vetternwirtschaft und Selbstbereicherung. Nicht nur ließ er für 19 Millionen Euro an Steuergeldern seine Villa renovieren. Auch seinen Kindern und Geschäftspartnern soll er wiederholt zu lukrativen Verträgen mit Staatsunternehmen verholfen haben.

Hier wartet Ramaphosas nächste Mammutaufgabe: eine komplette Erneuerung der nationalen Fluglinie South African Airways, des Stromlieferanten Eskom und des Ölkonzerns Petrosa. Die Staatsbetriebe hatten in den vergangen Jahren nicht durch Leistung, sondern vor allem durch Korruptionsskandale und finanzielle Rettungsaktionen durch den Staat Schlagzeilen gemacht.

Tatsächlich darf Südafrika hoffen, dass Ramaphosa dem angeschlagenen Land einen politischen und wirtschaftlichen Frühling beschert. Im ANC weiß er die fortschrittlichen Köpfe hinter sich. Zudem genießt der frühere Gewerkschaftsführer und Großunternehmer hohes Ansehen bei Investoren.

Die Opposition zweifelt an Ramaphosas Führungsqualitäten und forderte am Donnerstag die Auflösung des Parlaments und baldmöglichst Neuwahlen: Südafrika habe einen Neuanfang verdient. Bis vor Kurzem sah es aus, als könnte die Demokratische Allianz (DA), die bereits Kapstadt, Johannesburg und Port Elizabeth regiert, auch national zur Bedrohung für den ANC werden. Ramaphosa hat die Karten neu gemischt. Gelingt es ihm, Zumas Schergen in Parlament und Kabinett durch progressive Köpfe zu ersetzen, stünde Südafrika tatsächlich ein Neuanfang bevor.

Markus Schönherr

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