Rio de Janeiro: Zehntausende protestieren für und gegen den Interimspräsidenten
Die Straßen Rios sind wieder voller Demonstranten. Die einen protestieren für die Rückkehr der suspendierten Präsidentin, die anderen dagegen.
Zehntausende Brasilianer haben am Sonntag vor Beginn der Olympischen Spiele für und gegen die Absetzung von Präsidentin Dilma Rousseff demonstriert. Gegner von Rousseff, die vorübergehend von ihrem Amt suspendiert ist, forderten bei Protesten in zahlreichen Städten ihre endgültige Absetzung. Die größten Demonstrationen fanden in der Olympiastadt Rio de Janeiro und in der Industriemetropole São Paulo statt, wie „O Globo“ berichtete.
Ähnlich viele Menschen gingen landesweit gegen die Interimsregierung von Rousseffs vorherigem Vizepräsidenten Michel Temer auf die Straße. „Weg mit Temer“ stand auf vielen Transparenten. Zudem kritisierten die Demonstranten das Amtsenthebungsverfahren als Staatsstreich gegen eine gewählte Präsidentin.
Unter dem Vorwurf einer illegalen Schönung von Haushaltszahlen hatte der Kongress die Mitte-Links-Präsidentin Rousseff im Mai für maximal 180 Tage vom Amt suspendiert. Seitdem führt Temer eine rechtsliberale Übergangsregierung. Allerdings stehen viele seiner Parteifreunde und auch einige Minister unter dem Verdacht, in den Korruptionsskandal um den halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras verwickelt zu sein.
Rousseff und ihre protestierenden Anhänger betrachten das laufende Amtsenthebungsverfahren als verdeckten Putsch ihres vormaligen Vizes Temer. Ursprünglich sollte die endgültige Entscheidung im Senat über ihre Amtsenthebung bereits zu den Spielen stattfinden, wurde nun jedoch verschoben. Ihr Mentor Lula wurde derweil wegen Behinderung der Justiz in der Korruptionsaffäre um den staatlichen Ölkonzern Petrobras angeklagt, die seit Jahren die brasilianische Politik erschüttert.
Die endgültige Abstimmung über das politische Schicksal von Rousseff wird in der ersten Septemberwoche im Senat stattfinden. Das gab der Präsident des Obersten Gerichtshofs, Ricardo Lewandowski, am Wochenende bekannt. Es gilt als wahrscheinlich, dass die notwendige Zweidrittelmehrheit für ihre Absetzung zustande kommen wird. Dann würde Temer bis Ende 2018 als Präsident des größten lateinamerikanischen Landes amtieren. (epd, AFP)