Demonstrationen in mehreren Städten: Zehntausende Inder protestieren gegen Einwanderungsgesetz
Ein Gesetz, das die Einbürgerung illegal eingereister Migranten einfacher macht, löst in Indien heftige Reaktionen aus. Premier Modi beschwichtigt.
Die massiven Proteste gegen ein neues Einwanderungsgesetz in Indien haben sich verschärft. Zehntausende Menschen demonstrierten am Montag in mindestens acht Städten und mehreren Universitäten, wie lokale Medien berichteten. Das Gesetz erleichtert die Einbürgerung von illegal eingereisten, nicht-muslimischen Migranten aus den Nachbarländern Afghanistan, Bangladesch und Pakistan.
Mehrere Tausend Menschen hatten bereits am Sonntag gegen das Staatsbürgerschaftsgesetz demonstriert. Polizisten gingen nach Medienberichten mit Tränengas und Schlagstöcken gegen sie vor. Seit Sonntagabend gab es mehrere Dutzend Verletzte. Vergangene Woche wurden zudem bei Protesten im Bundesstaat Assam mindestens vier Menschen getötet, wie ein Polizeisprecher sagte.
Nachdem das Gesetz in der vergangenen Woche in Kraft trat, befürchten Menschen in der indischen Grenzregion einen Zustrom von Zuwanderern. Andere kritisieren, dass die hindunationalistische Regierung mit dem Gesetz Muslime diskriminiere. Konkret geht es um Verfolgte religiöser Minderheiten aus den Nachbarstaaten - Christen, Hindus, Sikhs, Buddhisten, Jaina und Parsen - die bis Ende 2014 nach Indien eingereist sind.
Proteste breiteten sich im ganzen Land aus, nachdem Polizisten am Sonntagabend mit Tränengas und Schlagstöcken gegen demonstrierende Studenten der islamischen Jamia-Millia-Universität in der Hauptstadt Neu Delhi vorgegangen waren. Die Polizei sprach von Selbstverteidigung. Demonstranten sollen demnach Steine geworfen und zahlreiche Fahrzeuge, darunter auch Busse, in Brand gesteckt haben. Die Polizei soll rund 100 Menschen zeitweise festgenommen haben. Behörden haben außerdem in mehreren besonders betroffenen Regionen, wie im Bundesstaat Assam, den Zugang zum Internet gesperrt, um Proteste zu verringern.
Modi nennt Proteste „zutiefst erschreckend“
Indiens Premierminister Narendra Modi schrieb am Montag auf Twitter, dass die gewaltsamen Proteste „unglücklich und zutiefst erschreckend“ seien. Er beschwichtigte: „Kein Inder hat wegen des Gesetzes etwas zu befürchten.“ Und: „Das Gesetz betrifft nur diejenigen, die jahrelange Verfolgung erlitten und nirgendwo sonst hingehen können außer nach Indien.“ Das Gesetz sei Ausdruck von Harmonie und Brüderlichkeit des Landes. Das Parlament habe mit großer Unterstützung zugestimmt.
Das UN-Menschenrechtsbüro in Genf bezeichnete das Gesetz hingegen als „grundlegend diskriminierend“. Es untergrabe das Versprechen zur Gleichheit vor dem Gesetz, zu dem sich Indien nicht zuletzt mit seiner eigenen Verfassung verpflichtet habe.
Das indische Innenministerium kritisierte am Montag Oppositionsparteien. Sie würden zu Gewalt anstiften, während die Regierung versuche, wieder Recht und Ordnung herzustellen. Die Regierungschefin des Bundesstaates Westbengalen, Mamata Banerjee, etwa rief auf Twitter zu einer Demonstration in der Stadt Kolkata auf. (dpa)