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Minijobs als "Niedriglohnfalle".
© dpa

Arbeitsmarkt: Immer mehr Minijobs: Zahl der Zusatzjobber hat sich verdoppelt

2,35 Millionen Menschen haben in Deutschland zusätzlich zu ihrem Beruf einen Minijob – das sind doppelt so viele wie vor zehn Jahren. Und auch insgesamt steigt die Zahl der geringfügig Beschäftigten.

In Deutschland sind offenbar immer mehr Menschen auf einen Zweitjob angewiesen, um finanziell über die Runden zu kommen. Nach aktuellen Zahlen der Bundesregierung ergänzten im vergangenen Jahr rund 2,35 Millionen Menschen ihren sozialversicherungspflichtigen Hauptberuf durch einen abgabenfreien Minijob. Das sind fast doppelt so viele wie vor zehn Jahren. Umgekehrt ist auch unter den Minijobbern der Anteil derer, die noch einen Hauptjob in petto haben, gestiegen. Inzwischen macht jeder dritte mit geringfügiger Beschäftigung von dieser Kombi-Möglichkeit Gebrauch. 2003 war es nur jeder fünfte.

Insgesamt lag die Zahl der geringfügig Beschäftigten im Dezember 2013 bei knapp 7,65 Millionen – das sind gut 17,8 Prozent aller Erwerbstätigen und rund 77 000 mehr als noch vor einem Jahr. Frauen stellen mit 61 Prozent nach wie vor den Hauptanteil. lm Vergleich zum Dezember 2003 habe sich der Männeranteil nur um drei Prozentpunkte erhöht, heißt es in der Antwort des Sozialministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen, die dem Tagesspiegel vorliegt. Und nur etwas verringert hat sich die Quote der geringfügig Beschäftigten ohne Berufsabschluss. Vor zehn Jahren waren es 20 Prozent, nun sind es 16.

Die meisten Minijobs gibt es im Handel

Die meisten Minijobs gibt es in Handel (1,36 Millionen), Dienstleistung (926 000), Gastgewerbe (870 000) und Gesundheitswesen (743 000), , auf sie entfällt gut die Hälfte aller geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse. In Hotels und Gaststätten läuft fast jeder zweite Job als geringfügige Beschäftigung.

Minijobs seien „eine Niedriglohnfalle“, entpuppten sich „häufig als berufliche Sackgasse“ und erschwerten damit vor allem Frauen die eigenständige Existenzsicherung, sagte die Arbeitsmarktexpertin der Grünen, Brigitte Pothmer, dem Tagesspiegel. Und durch die Möglichkeit zu abgabenfreiem Zuverdienst setze der Staat noch Anreize zur Kombination mit dem sozialversicherungspflichtigen Hauptberuf. Dadurch werde die „Gerechtigkeitslücke“ noch weiter aufgerissen.Die staatliche Förderung der Kleinst-Jobs gehöre „unverzüglich gestoppt“. Stattdessen brauche es Anreize für existenzsichernde Beschäftigung. „An einer umfassenden Reform der Minijobs führt kein Weg vorbei.“ Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) jedoch habe vor ihrem Versprechen, Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umzuwandeln, „vollständig kapituliert“.

DGB: Arbeitgeber sollen Großteil der Sozialabgaben tragen

Der DGB forderte, geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse in echte Teilzeit umzuwandeln. „Wir schlagen dazu eine Gleitzone ab dem ersten Euro bis 800 Euro vor, bei der die Arbeitgeber insbesondere im unteren Einkommensbereich den Großteil der Sozialabgaben allein tragen“, sagte Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach dem Tagesspiegel. Diesen Vorschlag müsse der Gesetzgeber aufgreifen. Seit 2003 nehme die Zahl der Minijobber im Nebenberuf ununterbrochen zu. Für die Arbeitgeber seien sie äußerst flexible und billige Arbeitskräfte. „Besonders billig leider oft auch deshalb, weil sie um ihre Rechte geprellt werden und ihnen etwa die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaub vorenthalten wird.“

Vor allem Frauen werde oft Teilzeitarbeit angeboten, die sie dann durch einen Minijob ergänzten, weil sie keine Vollzeitstelle fänden, sagte Buntenbach. "Das geht auf Kosten ihrer Alterssicherung und führt zu Altersarmut."

Regierung will Übergänge in normale Jobs erleichtern - weiß aber noch nicht wie

Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD angekündigt, „die Übergänge aus geringfügiger in reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erleichtern“ zu wollen. Wie diese Vereinbarung umgesetzt werde, sei „noch nicht entschieden“, teilte Sozialstaatssekretär Jörg Asmussen mit. Durch die Einführung der grundsätzlichen Rentenversicherungspflicht habe man 2013 aber bereits „eine Annäherung an die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bewirkt“. Und dank des gesetzlichen Mindestlohns werde sich ab 2015 auch „die Einkommenssituation vieler geringfügig Beschäftigter „merklich verbessern“.

Pothmer verwies darauf, dass sich 2013 über 70 Prozent der Minijobber von der Rentenversicherungspflicht befreien ließen. Und sie erinnerte an das weitere Koalitionsversprechen, für die bessere Information geringfügig Beschäftigter über ihre Rechte zu sorgen. Geplant sei bisher aber nur eine weitere Studie zur Gewährung von Arbeitnehmerrechten. Und das einzige bestehende Beratungsangebot der Regierung – das Modellprojekt „Joboption“, das Minijobbern Wege in reguläre Beschäftigung weisen soll – laufe 2014 aus.

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