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Die meisten Sanktionen wurden verhängt, weil Arbeitslose einen Termin mit dem Jobcenter verpasst hatten
© dpa/Ralf Hirschberger

Arbeitslosengeld II: Zahl der Hartz IV-Sanktionen leicht rückläufig

Die Jobcenter verhängten 2018 insgesamt 904.000 Sanktionen, etwas weniger als im Vorjahr. Die meisten Kürzungen gab es wegen verpasster Termine.

Im vergangenen Jahr sind weniger Strafen gegen Hartz–IV-Bezieher verhängt worden als 2017. Die Zahl der Sanktionen ging um 49.000 auf 904.000 zurück, teilte die Bundesagentur für Arbeit (BA) mit. Damit waren jeden Monat durchschnittlich 3,2 Prozent der erwerbsfähigen Hartz-IV-Empfänger von Leistungskürzungen betroffen.

Zu den meisten Sanktionen kam es, weil Arbeitslose einen Termin mit dem Jobcenter versäumt hatten (77 Prozent). In diesen Fällen kürzen die Jobcenter den Regelsatz für drei Monate um zehn Prozent. Etwa ein Zehntel der Strafen (insgesamt 96.000) wurde ausgesprochen, weil sich jemand weigerte, eine Arbeit oder eine Maßnahme anzunehmen oder weil er diese abgebrochen hatte. Hier wird die Leistung beim ersten Pflichtverstoß um 30 Prozent gekürzt, in Wiederholungsfällen sogar um 60 Prozent.

Besonders hart werden junge Menschen bestraft

Besonders hart fallen die Strafen für junge Menschen unter 25 Jahren aus. Schon beim ersten Verstoß, der über ein Meldeversäumnis hinausgeht, wird die Leistung um 100 Prozent gekürzt. Kommt es innerhalb eines Jahres zu weiteren Pflichtverletzungen, streicht das Jobcenter sogar die Zuschüsse für die Miete. BA-Vorstandschef Detlev Scheele sprach sich dafür aus, die schärferen Sanktionsregeln für Jugendliche abzuschaffen. "Drohende Wohnungslosigkeit hilft uns nicht weiter. Wir verlieren die jungen Menschen dann aus den Augen und können uns nicht mehr kümmern", sagte Scheele.

Bund und Länder hatten schon in der vergangenen Wahlperiode einen Anlauf genommen, die Sanktionspraxis bei Jugendlichen zu ändern, die damalige Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) machte einen entsprechenden Gesetzesvorschlag. Doch die Reform scheiterte am Widerstand der CSU.

Das Bundesverfassungsgericht überprüft die Rechtmäßigkeit von Sanktionen

Das Thema könnte aber in dieser Legislatur wieder auf die Tagesordnung kommen. Derzeit überprüft auch das Bundesverfassungsgericht die Frage, ob und in welchem Umfang Sanktionen zulässig sind. Das Sozialgericht in Gotha hatte moniert, dass ein menschenwürdiges Existenzminimum nicht mehr gewährt sei, wenn die Leistung um 60 Prozent gekürzt werde. Auch die Karlsruher Richter ließen in der mündlichen Verhandlungen im Januar Zweifel am derzeit gültigen Sanktionsregime durchblicken. Mit einem Urteil wird im Laufe des Jahres gerechnet.

Grüne und Linke wollen die Sanktionen abschaffen. "Mit weniger als dem Minimum zu leben heißt, bei Grundbedarfen wie Nahrung oder Wohnen sparen zu müssen", sagte der sozialpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfaktion, Sven Lehmann. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums müsse uneingeschränkt jedem Menschen garantiert werden und dürfe nicht an Gegenleistungen geknüpft sein.

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