Wegen Griechenland-Krise: Wolfgang Schäuble spricht über Rücktritt
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist in der Griechenland-Krise für seine harte Haltung heftig attackiert worden. In einem Interview spricht er jetzt über Differenzen mit Kanzlerin Angela Merkel und die Möglichkeit eines Rücktritts. Zugleich stellte er aber klar, er denke nicht darüber nach, sein Amt aufzugeben.
Im Streit um eine Lösung für Griechenland hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Differenzen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel bestätigt. Der 72-Jährige sagte dem "Spiegel", dass er und Merkel in den vergangenen Wochen in der Griechenland-Frage nicht immer einig waren. "Es gehört zur Demokratie, dass man auch einmal unterschiedliche Meinungen hat. Und dann ringt man gemeinsam um Lösungen. Dabei hat jeder seine Rolle. Angela Merkel ist die Bundeskanzlerin, ich bin der Finanzminister", sagte er.
"Wir wissen, dass wir uns aufeinander verlassen können"
Gleichzeitig sprach er über die Möglichkeit eines Rücktritts. "Politiker haben ihre Verantwortung aus ihren Ämtern. Zwingen kann sie niemand", sagte Schäuble. "Wenn das jemand versuchen würde, könnte ich zum Bundespräsidenten gehen und um meine Entlassung bitten." Der Finanzminister stellte aber auch klar, dass er derzeit nicht über einen Rücktritt nachdenkt. Auf eine entsprechende Frage sagte er: "Nein, wie kommen Sie darauf?" Gefragt, ob sich das Verhältnis zu Angela Merkel während der Krise verändert habe, antwortete Schäuble, es gebe jedoch eine Konstante zwischen ihm und Merkel: "Wir wissen, dass wir uns aufeinander verlassen können."
Schäuble war zuletzt heftig in die Kritik geraten für seine harte Haltung in den Verhandlungen über eine Lösung für das vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland. Kritische Stimmen kamen nicht nur aus der Opposition, sondern auch vom Koalitionspartner SPD.
Merkel hatte sich vor der Abstimmung im Bundestag uneingeschränkt dafür stark gemacht, mit Griechenland Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket aufzunehmen. Der Finanzminister war deutlich skeptischer. Aufregung hatte ein Papier aus dem Bundesfinanzministerium ausgelöst, in dem ein "Grexit" auf Zeit ins Spiel gebracht wurde.
Wolfgang Schäuble verteidigt Vorschlag von "Grexit" auf Zeit
Noch einen Tag vor der Abstimmung im Paralment machte er deutlich, dass er zeitweises Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone als mögliche Lösung sehe. In dem Interview verteidigte Schäuble den Vorschlag. "Wir haben nie gesagt, dass Griechenland aus der Eurozone austreten soll", sagte er. "Wir haben nur auf die Möglichkeit hingewiesen, dass Athen selbst über eine Auszeit entscheiden kann." Ein Schuldenschnitt innerhalb der Eurozone sei unmöglich, betonte er. "Das lassen die europäischen Verträge nicht zu." Ein Schuldenschnitt wird von vielen Experten als einzige Lösung gesehen, um Griechenland von seiner erdrückenden Last von Verbindlichkeiten zu befreien.
Der Bundestag hatte am Freitag der Aufnahme von Gesprächen über ein drittes Milliardenprogramm für Griechenland zugestimmt. Schäuble stellte in der Debatte heraus, dass er dies als letzte Chance für Athen sehe. "Es ist ein letzter Versuch, um die außergewöhnlich schwierige Aufgabe zu erfüllen." Es bestehe aber "die Chance, dass wir die Verhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluss bringen können".