Griechenland-Krise: Wolfgang Schäuble - Held und Anti-Held
Selten wurde ein Bundesfinanzminister verbal so verprügelt – oder gelobt. Wie sind die Reaktionen auf die Politik von Wolfgang Schäuble?
Wolfgang Schäuble ist zur zentralen Figur in der Debatte um Griechenland geworden. Eine Debatte, die sich nicht mehr nur um Schulden und den richtigen Weg Athens aus der Krise dreht, sondern längst schon zum europäischen Richtungsstreit geraten ist. Dabei ist Schäuble für die einen der Vernichter und für die anderen der Retter Europas. Auch in den Medien gehen die Meinungen weit auseinander. Zwischentöne hat die Diskussion nicht mehr.
Im Gegensatz zu Angela Merkel – der immerhin eine andere Haltung in der Griechenland-Krise zugeschrieben wird – hat sich der Finanzminister ganz klar bekannt: Ihm wäre es am liebsten, Griechenland würde vorübergehend aus der Euro-Zone ausscheiden. Diese Option hatte Schäuble kurz vor der Einigung zwischen den Geldgebern und Griechenlands Staatschef Alexis Tsipras in die Gespräche eingebracht und in Interviews später erneut bekräftigt. Dafür gab es von der einen Seite lauten Applaus, von der anderen wütende Kritik. Der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis schrieb später, Schäuble habe schon früher von einem „einvernehmlichen Austritt“ gesprochen. Schäuble bleibt dabei stets so ungefähr, dass er für alle Lager genug Interpretationsspielraum lässt. Wie sehr er der griechischen Seite bei einer solch „einvernehmlichen“ Lösung entgegengekommen wäre? Ob gar die Europäische Zentralbank eine neue griechische Währung und ihren Kurs gestützt hätte? Ob das Ganze am Ende für Deutschland teurer oder günstiger geworden wäre? Unklar.
Sicher ist nur: Er hat der griechischen Seite die „Grexit“-Drohung aus der Hand genommen, indem er zumindest so getan hat, als sei diese Option für die Gläubiger denkbar. Für Tsipras war sie am Ende nicht denkbar. Und so wirkt die Angst vor dem Absturz nun wie ein rein griechisches Problem.
Neben Tsipras und Varoufakis, deren Kurs von Beginn des Konflikts an interpretiert wurde, ist so auch Schäuble zur Projektionsfläche für Gegner und Anhänger geworden. Kritiker werfen Schäuble vor, die Auflagen für die Griechen übermäßig hart gestaltet zu haben, um sie in den „Grexit“ zu treiben. Ein Rausschmiss aus der Währungsunion ohne griechisches Einverständnis sei schließlich nach der aktuellen europäischen Rechtsordnung nicht drin. Schäuble beharre zudem auf einem radikalen Kürzungsdiktat, das sich nicht bewährt habe. Dass die Euro-Gruppe seinen Kurs weitgehend stütze, sei ein Zeichen für eine zu starke deutsche Dominanz in der europäischen Politik.
Andere dagegen sehen in Schäuble im Gegenteil einen der letzten aufrechten EU-Politiker, der die Regeln der gemeinsamen Währung verteidige. Der doch am Ende auch für Griechenland nur das Beste wolle. Der endlich die Verantwortung übernehme, die so lange schon von Deutschland gefordert werde. Held oder Anti-Held, dazwischen ist nichts.
Stimmen zu Wolfgang Schäuble
„Zu Schäubles Plan gehörte es, Griechenland fallen zu lassen.“ Der frühere griechische Finanzminister Yanis Varoufakis („Zeit online“)
„Der herzlose, herrische und hässliche Deutsche hat wieder ein Gesicht und das ist das von Schäuble.“ Reinhard Bütikofer, Vorsitzender der Europäischen Grünen („Phoenix“)
„Der Sensenmann“ Titel einer Karikatur in der französischen Zeitung „Le Monde“
„Herr Schäuble, es tut mir leid, aber Sie sind dabei, die europäische Idee zu zerstören.“ Gregor Gysi, Fraktionschef der Linken, in der Bundestagsdebatte zu Griechenland
„Gut, dass Sie Finanzminister sind.“ Kanzlerin Angela Merkel in ihrer Rede während des Festakts zum 70. Geburtstag der CDU
„Schäuble steht doch für ein Europa des ,Wir und die’. Dabei brauchen wir eine ganz andere Botschaft: Europa muss zusammenhalten.“ Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende der Grünen („Trierischer Volksfreund“)
„Ich weiß, dass Schäubles Leben von persönlicher Härte und politischen Demütigungen geprägt ist. Aber seine Chance, ein großer Europäer zu sein, hat er eigenhändig zerstört.“ Antje Vollmer, Grüne (Kölner Stadtanzeiger)
„Dieses Europa gehört nicht Herrn Schäuble.“ Alexis Tsipras, griechischer Ministerpräsident
„Ich werde immer mehr zum Schäuble-Fan!“ „Man mag es ja nicht aussprechen: Wäre Schäuble gar der bessere Kanzler?“ „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann auf Twitter
„Kürzungs-Taliban Schäuble“ Sahra Wagenknecht, Linke, auf Twitter
„Schäuble ist im Griechen-Debakel unser bester Mann.“ „Welt online“
„Weil niemand weiß, was mit Griechenland auf uns zukommt, steht Klarheit, Standfestigkeit und eine ehrliche Sprache hoch im Kurs – und damit zu Recht ausgerechnet Schäuble.“ „Märkische Oderzeitung“
„Der Unbeirrbare“ „Handelsblatt“
„Europa hat Schäuble viel zu verdanken.“ Michael H. Spreng, Politikberater und Journalist („Berliner Kurier“)