Pressekonferenz in Moskau: Wladimir Putin: Alexis Tsipras hat nicht um direkte finanzielle Hilfe gebeten
Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras ist in Moskau mit Kremlchef Wladimir Putin zusammengetroffen. Beide unterschrieben ein Wirtschaftsprotokoll. In einer gemeinsamen Pressekonferenz kündigte Putin intensivere Wirtschaftsbeziehungen an.
Kremlchef Wladimir Putin und Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras haben ein Protokoll für die gemeinsamen Wirtschaftsbeziehungen unterschrieben. Putin erklärte in einer im Fernsehen direkt übertragenen gemeinsamen Pressekonferenz, beide Länder wollten ihre Handelsbeziehungen verbessern, nachdem der Handel um 40 Prozent gesunken sei. Putin kündigte auch an, russische Unternehmen würden Waren nach Griechenland liefern. Auch werde es eine humanitäre und kulturelle Zusammenarbeit geben. Putin dankte Tsipras für die offenen und konstruktiven Gespräche.
Putin hat dem schuldengeplagten Griechenland Kredite für große Infrastrukturprojekte in Aussicht gestellt. Zwar habe die Regierung in Athen keine Finanzhilfe bei Russland beantragt, doch seien Kredite für konkrete Projekte möglich, sagte Putin nach einem Treffen mit dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras am Mittwoch in Moskau. Unter anderem sprachen die beiden über eine Beteiligung Griechenlands an der geplanten russischen Gaspipeline Turkish Stream, die russisches Gas durch das Schwarze Meer nach Südosteuropa pumpen soll.
Auch Alexis Tsipras bedankte sich bei Putin für die konstruktiven Gespräche. Weil aber in den letzten Tagen viele Kommentare seitens der EU verbreitet worden sind, wolle er festhalten, dass Griechenland ein souveräner Staat sei. "Wir sind uns unserer internationalen Verpflichtungen bewusst." Tsipras sagte, die Gespräche hätten davon gehandelt, wie die Wirtschaft Griechenlands und Russlands besser zusammenarbeiten könnten. Tsipras regte an, dass Griechenland ein Energie-Knotenpunkt für Europa sein könnte. Er sprach von einer Pipeline nach Griechenland. Dabei sollten alle Abmachungen mit der EU eingehalten werden.
Außerdem äußerte Tsipras, Europa und Russland sollten den Kalten Krieg hinter sich lassen. Griechenland werde dafür sorgen, dass es Brücken der Zusammenarbeit geben wird.
Auf die Frage, ob es russische Hilfe an Griechenland gebe, sagte Putin, die griechische Seite habe nicht um finanzielle Hilfe gebeten. Wenn es zu Privatisierungen in Griechenland komme, wolle sich Russland an den Ausschreibungen beteiligen. Es gehe dabei um Infrastruktur, aber auch Energie.
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte zuvor in Moskau den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras herzlich begrüßt. Putin bot anschließend Tsipras eine Wiederbelebung des Handels ihrer Länder an. Es gehe darum, das frühere Wachstumstempo wiederherzustellen, sagte Putin nach Angaben der Agentur Interfax am Mittwoch zum Auftakt des Treffens mit Tsipras.
Nach Darstellung des Kremlchefs brach der Handel zwischen den beiden Ländern im vergangenen Jahr um 40 Prozent ein im Vergleich zum Vorjahr. Grund sind die Sanktionen der EU gegen Russland im Ukraine-Konflikt. Tsipras hatte die Strafmaßnahmen als „nicht wirksam“ kritisiert.
Als Reaktion auf die Sanktionen hatte Russland einen Importstopp für Lebensmittel aus der EU verhängt, das für die Griechen besonders schmerzhaft war. Russland könnte Agrarprodukte wie Pfirsiche, Erdbeeren, aber auch Fisch und Milchwaren wieder auf seinem Markt zulassen.
Vor seinem Treffen mit Wladimir Putin hatte Alexis Tsipras einen Kranz am Grabmal des Unbekannten Soldaten niedergelegt. Er wolle auf Basis „tiefer historischer Wurzeln“ mit Putin über einen Neuaufbruch in den Beziehungen beider Länder sprechen, sagte Tsipras zuvor in einem Interview der Staatsagentur Tass.
Tsipras bekräftigt Kritik an Sanktionen
Tsipras bekräftigte in dem Interview seine Kritik an den im Ukraine-Konflikt verhängten Sanktionen der EU gegen Russland. Diese seien „nicht wirksam“. Auf die Strafmaßnahmen hatte Putin mit dem Importstopp für westliche Lebensmittel reagiert. Der Schaden für die griechischen Bauern sei immens durch den Wegfall des russischen Marktes, sagte Tsipras.
Die EU-Kommission wehrt sich unterdessen gegen den Eindruck, wonach die 28 Mitgliedstaaten bei den Russland-Sanktionen auseinanderdriften. „Bisher sind wir vereint“, sagte der Chefsprecher der Behörde anlässlich des Besuchs des griechischen Premiers Alexis Tsipras in Moskau. Tsipras hatte in einem Interview die im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt verhängten Strafmaßnahmen als „nicht wirksam“ kritisiert.
„Nicht alle Mitglieder der Familie reisen unbedingt zu den selben Orten“, sagte der Sprecher mit Blick auf die Mitgliedstaaten. „Aber sie sind alle Mitglieder derselben Familie, und sie haben dieselbe Sicht auf die Welt.“ Mit Blick auf das Treffen der Finanzstaatssekretäre der 19 Euroländer am Mittwoch in Brüssel sagte der Sprecher, es gehe dabei um eine Bestandsaufnahme zu Griechenland. „Wir machen Fortschritte, Schritt für Schritt.“ Ziel der zähen Verhandlungen mit Athen ist eine umfassende Reformliste - ohne diesen Plan können blockierte und von Athen dringend benötige Hilfen von insgesamt 7,2 Milliarden Euro nicht fließen.
Die Bundesregierung hat die Erwartung geäußert, dass der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras bei seinem Moskau-Besuch die Einigkeit der Europäischen Union (EU) im Ukraine-Konflikt nicht in Frage stellt. "Alles, was bisher in Zusammenhang mit der Sanktionsfrage beschlossen wurde, wurde von den Griechen mitgetragen, und wir hoffen, dass das auch weiterhin der Fall ist", sagte die stellvertretende Sprecherin des Auswärtigen Amts, Sawsan Chebli, am Mittwoch in Berlin. Es gebe bisher keinen Anlass, davon auszugehen, dass sich die Position der Griechen ändere.
Tsipras und andere griechische Regierungsvertreter hätten wiederholt deutlich gemacht, dass sie die Zukunft ihres Landes, die Überwindung der Schuldenkrise oder auch den Umgang mit internationalen Themen innerhalb der EU sähen. "Darauf vertrauen wir, und hier nehmen wir auch die griechische Regierung beim Wort", sagte Chebli.
In Brüssel gibt es die Sorge, dass sich Tsipras in Moskau um Finanzhilfen bemühen und im Gegenzug bei den EU-Partnern für eine Lockerung der EU-Sanktionen einsetzen könnte. Eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums sagte mit Blick auf ein mögliches Übereinkommen zwischen Tsipras und Russlands Staatschef Wladimir Putin über finanzielle Hilfen, das sei eine "sehr hypothetische Frage", die ihres Wissens nicht auf der Tagesordnung stehe. Die Ministeriumssprecherin fügte hinzu, es sei "überhaupt nichts Besonderes, wenn sich ein Staat Geld leiht bei anderen, das ist das internationale Finanzsystem".
Die Bundesregierung hat nach eigenen Angaben keine Erkenntnisse darüber, dass Griechenland seine Reformvorschläge präzisiert hat. Es gebe keinen neuen Stand, sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums am Mittwoch in Berlin. “Diese Verhandlungen laufen.“ Sie ergänzte: “Wir warten weiterhin darauf, dass Griechenland mit den drei Institutionen diese Reformliste abstimmt.“ Derzeit warten die Europäische Zentralbank, die Europäische Union und der Internationale Währungsfonds auf konkrete Reformzusagen Griechenlands. Erst wenn diese vorliegen, wollen diese Institutionen grünes Licht für die Freigabe weiterer Hilfsgelder für das überschuldete Land geben. Am Nachmittag berät eine hochrangige Arbeitsgruppe der Eurogruppe über das weiter Vorgehen.
Die insgesamt wieder höheren Ölpreise und technische Faktoren haben dem Rubel am Mittwoch ein Comeback beschert. Ein Dollar verbilligte sich um bis zu 2,9 Prozent auf 53,43 Rubel und war damit so günstig wie seit Dezember vorigen Jahres nicht mehr. Vor allem die Stabilisierung der Preise für Öl, ein wichtiges russisches Exportgut, sei ein Grund für das wieder gestiegene Vertrauen in die Landeswährung, sagte ein Händler. Nordseeöl der Sorte Brent kostete am Mittwoch mit rund 58 Dollar je Barrel (159 Liter) rund 13 Dollar mehr als noch Mitte Januar. Somit scheint die Talfahrt der Ölpreise zumindest vorerst gestoppt. Seit Wochen ist der Rubel auf Erholungskurs. Auch die Russen selbst verkauften Fremdwährungen, erklärte ein Analyst. Der Bruch der psychologischen 55-Rubel-Marke habe dies verstärkt.
Der Euro gab zum Rubel ebenfalls nach, so dass sich ein Euro um rund 1,6 Prozent auf 58,5670 Rubel verbilligte. (mit dpa/AFP)