Deutsche Partytouristen auf Mallorca: „Wir müssen sehr aufpassen, dass der Ballermann kein zweites Ischgl wird“
Nach der Party auf Mallorca warnt Gesundheitsminister Spahn vor neuem Infektionsrisiko. Maßnahmen der Regierung gegen das Verhalten der Touristen sind gering.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) warnt angesichts der Bilder feiernder Deutscher auf Mallorca vor neuen Corona-Wellen. „Wir müssen sehr aufpassen, dass der Ballermann kein zweites Ischgl wird“, sagte Spahn in Berlin. Er setze auf Vernunft nicht auf Verbote – Gruppenreisen und Feiern am Ballermann seien derzeit keine gute Idee.
Auf der „Bierstraße“ waren am Wochenende draußen feiernde Touristen ohne Masken zu sehen, wie sie gemeinsam Sangria und Bier tranken, tanzten und sich umarmten. Es gibt allerdings einen großen Unterschied zum massenhaften Corona-Ausbruch im österreichischen Ischgl: Dort steckten sich die Touristen, die das Virus dann nach ganz Europa trugen, vor allem in geschlossenen Räumen an. Auch die Weltgesundheitsorganisation räumt der Aerosol-Ansteckung eine weit größere Rolle ein.
Gefahr der Ansteckung
Spahn warnte aber vor der generellen Ansteckungsgefahr, wenn aus denselben Flaschen oder Gläsern getrunken wird oder wenn sich die Menschen umarmen. Dennoch gibt es nur begrenzte Handlungsmöglichkeiten. Für Flüge innerhalb Europa gelten gemeinsame Regeln, daher laufen erste Forderungen nach CoronaTests für Mallorca-Rückkehrer ins Leere. Spahn verwies mit Blick auf die Ansteckungsgefahr an Bord der Flugzeuge auf die modernen Belüftungs- und Luftaustauschsysteme. Er mahnte, dass auch dort Masken- und Abstandsregeln eingehalten werden müssen. „Mobilität macht es dem Virus immer leichter, sich zu verbreiten.“
Mehr Kontakt, größeres Risiko
Es gebe mehr Kontakt und mehr Begegnungen mit anderen Menschen. „Das potenziert das Risiko“, sagte Spahn. Er sei kein Spaßverderber oder Feierverächter, „aber es ist gerade keine Zeit dafür“. Draußen gibt es bislang aber viel weniger Ansteckungen, so ließen auch große Demonstrationen und Schlauchboot-Partys in Berlin die Infektionszahlen nicht stark ansteigen. Aktuell gibt es in Deutschland bei knapp 200.000 Infektionen noch rund 5000 aktive Fälle.
Auf Mallorca und den anderen Baleareninseln trat am Montag eine weitgehende Maskenpflicht in Kraft. Damit ist das Tragen einer Maske über Mund und Nase praktisch überall außerhalb der eigenen vier Wände Pflicht – auch dann, wenn der Sicherheitsabstand gewahrt werden kann. Wer sich nicht an die Maskenpflicht hält, riskiert ein Bußgeld von 100 Euro. Am Strand, am Pool, beim Essen und Trinken und beim Sport darf die Maske abgenommen werden.
Sollte es zu neuen Anstiegen kommen – Spahn verwies auf eine neue Welle in anderen bisher gut durch die Krise gekommenen Staaten wie Südkorea und Israel – sieht er das Gesundheitssystem gut gerüstet. Neben ausreichenden Intensivbetten wurden auch die Testkapazitäten stark erhöht. Rund 500.000 Menschen wurden in der vergangenen Woche in Deutschland auf das Virus getestet, das ist die höchste Testdichte bisher. Die Corona-Warn-App wurde 15,5 Millionen Mal heruntergeladen und 500 Teletans wurden bisher ausgegeben, um damit Meldungen über positive Tests an diejenigen Nutzer verschicken zu können, die sich in der Nähe infizierter Personen aufgehalten haben.
Wenig Antikörper in der Bevölkerung
Der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, glaubt indes nicht, dass schon weite Teile der Bevölkerung wissentlich oder unwissentlich eine Infektion durchgemacht haben. Eine Antikörper-Untersuchung von 12.000 Blutspendern ergab, dass nur 1,3 Prozent Antikörper gegen das Coronavirus hatten und damit erst einmal als immun gelten. In Sachen Impfstoff äußerten sich Spahn und Wieler verhalten optimistisch. Wie lange ein Impfstoff, der für mehrere Milliarden Menschen verfügbar gemacht werden muss, wirkt und schützt, sowie welche Nebenwirkungen es gibt, ist bislang allerdings noch unklar.
Unklar, ob neue Infektionswelle droht
Im rot-rot-grünen Berliner Senat teilt man Spahns Position, dass die Pandemie nicht vorbei ist. „Ich sehe nach wie vor ein Infektionsrisiko“, sagte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) dem Tagesspiegel. Es sei richtig, dass auf Mallorca und den anderen Baleareninseln eine verschärfte Maskenpflicht in Kraft getreten ist. Kalayci empfiehlt allen Rückkehrern, gegebenenfalls einen Covid-19-Test zu machen.
Ob Berlin durch Rückkehrer aus Mallorca tatsächlich eine Infektionswelle droht, ist für den Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) allerdings „reine Spekulation“. „Für Mallorca-Rückkehrer gibt es keine Quarantäne“, sagte Geisel dem Tagesspiegel.
Kontaktsport ohne Auflagen
In Berlin gilt die Quarantänepflicht nicht für Einreisende aus EU-Ländern, einschließlich Norwegen, Großbritannien, Irland und der Schweiz. Wer aus Schweden kommt, muss sich jedoch in eine zweiwöchige Isolation begeben. In Berlin ist derweil seit Montag Kontakt- und Mannschaftssport ohne Auflagen wieder möglich. Sportsenator Geisel sagte, aufgrund des niedrigen Infektionsgeschehens lasse man sportliche Aktivitäten ohne Einhaltung des Mindestabstands zu.
Dies ist in der Infektionsschutzverordnung noch vorgesehen. Der Senat will diese auf der nächsten Sitzung am 21. Juli ändern. Bis dahin werden Verstöße im Sport gegen die geltende Verordnung nicht geahndet.