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Nach Hause, ich will nach Hause: ET, der Film-Außerirdische
© dpa7Britta Pedersen/picture alliance

Zwergstern Trappist-1: Wir dürfen uns unwichtiger nehmen

Forscher haben sieben erdähnliche Planeten entdeckt, vielleicht gibt es da intelligentes Leben. Der Mensch wäre endlich ersetzbar. Eine Glosse.

Eine Glosse von Malte Lehming

Aus dem Albtraum wurde ein Traum. Als sich der Mensch ins Unvermeidliche fügte, wurde ihm leicht ums Herz. Fröhlich schwebte er ins Reich der Fantasie. Kein Wunder also, dass die Meldung, veröffentlicht in der britischen Fachzeitschrift „Nature“, es seien sieben erdähnliche Planeten entdeckt worden, elektrisiert. Auf dreien dieser Planeten könnte es Wasser geben. Das wäre die Voraussetzung für Leben. Sind wir doch nicht alleine im Universum, nicht die Krone der Schöpfung, nicht das Maß aller Dinge?

Schön wär’s – so jedenfalls scheint, gemessen an den Reaktionen, die Antwort zu lauten. An die Stelle der Angst vor Außerirdischen ist die Faszination getreten. Vielleicht sogar Hoffnung: Endlich wären wir die Bürde los, etwas Besonderes zu sein, etwas Einzigartiges.

In der biblischen Schöpfungsgeschichte bildete der Mensch noch den glorreichen Abschluss. Er möge sich die Erde Untertan machen, heißt es dort, und „herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht“. Aus dieser Idee wurden später die Menschenrechte abgeleitet. Ginge es nach modernen Evolutionsbiologen, hätte man diese Rechte längst auf einige Affenarten ausdehnen müssen.

Drei narzisstische Kränkungen wurden dem Menschen zugefügt

Es gab eine Zeit, als der Mensch stolz war auf seine Sonderrolle. Doch dann wurden ihm, so jedenfalls beschreibt es Sigmund Freud in seiner Arbeit „Eine Schwierigkeit der Psychoanalyse“, drei narzisstische Kränkungen zugefügt. Es begann mit der kosmologischen Kränkung durch Kopernikus. Plötzlich war die Erde nicht mehr der Mittelpunkt des Universums, sondern drehte sich um die Sonne. Es folgte die biologische Kränkung durch Charles Darwin. Plötzlich war der Mensch keine ausgezeichnete Art mehr, sondern Teil der Evolutionsgeschichte. Und schließlich die psychologische Kränkung, der zufolge sich das Seelenleben, das Unbewusste, der Kontrolle durch den Menschen entzieht. Das Ich sei „nicht Herr in seinem eigenen Haus“, wie Freud selbst es formulierte.

Längst ist die Liste der narzisstischen Kränkungen verlängert und ergänzt worden. Mittels der Reproduktionsmedizin lassen sich Lebewesen im Reagenzglas erzeugen und sogar klonen. Die Folgen der Technologie – von der Atombombe bis zum Kernkraftwerk – scheinen unbeherrschbar zu sein. Durch Roboter-Technik und künstliche Intelligenz könnten Geräte entstehen, die alle menschlichen Fähigkeiten übertreffen.

In dieser Lage entsteht aus der Aussicht auf möglicherweise andere Formen intelligenten Lebens im Universum eine positive Vision: Wir dürfen uns unwichtiger nehmen. Wir können uns fügen in unsere Unvollkommenheit. Wir sind ersetzbar. Fallen würde zuletzt auch die katholische Lehre, der Mensch sei die einzige von Gott um ihrer selbst willen gewollte Kreatur.

Was einst als Kränkung empfunden worden wäre, würde heute erleichtert zur Kenntnis genommen. Aus dem Albtraum wurde ein Traum. Er kündet von der Überforderung mit uns selbst.

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