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Donald Trump empfängt Strafverfolgungsbeamte und Rettungshelfer im „Blauen Raum“ des Weißen Hauses.
© REUTERS

Machtwechsel in den USA: „Wir dürfen nicht in eine Angststarre verfallen“

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU), plädiert dafür, offensiv auf die neue US-Regierung zuzugehen.

Herr Röttgen, wann fliegen Sie nach Washington?

Ich reise Anfang Februar in die USA.

Haben Sie schon Kontakte in der neuen Administration?
Noch gibt es ja keine wirkliche Administration. Erst wenige Minister sind vereidigt, das Team um den Präsidenten ist dabei, sich einzurichten. Ich werde aber versuchen, erste Kontakte zu knüpfen.

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen reist Anfang Februar nach Washington.
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen reist Anfang Februar nach Washington.
© Thilo Rückeis

Welche Themen wollen Sie ansprechen?
Es gibt leider keinen Zweifel mehr daran, dass der neue US-Präsident eine Zäsur anstrebt und die Grundlagen der westlichen Politik seit Ende des Zweiten Weltkriegs infrage stellt. Wir müssen uns über diese Grundlagen also neu verständigen. Wir müssen darlegen, dass eine enge transatlantische Zusammenarbeit auch künftig im gemeinsamen Interesse des Westens liegt. Die vergangenen 70 Jahre waren von Frieden und Wohlstand geprägt, das ist ein wichtiges Argument, diese Politik fortzusetzen. Wir brauchen uns gegenseitig.

Derzeit sieht es nicht so aus, als ob sich Donald Trump von seinem Kurs abbringen lassen würde. Was dann?
Es kann hier keinen Plan B geben. Wenn es um unsere Werte geht, können wir schließlich nicht einfach sagen, dann machen wir es eben anders. Im Übrigen besteht das politische System der USA nicht allein aus dem Weißen Haus. Im Kongress sehe ich nicht ansatzweise eine Mehrheit, die sich vor allem die außenpolitischen Inhalte, die der neue Präsident in seiner Rede zur Amtseinführung vorgetragen hat, zu eigen macht. Wir sollten den anstehenden Dialog also breit aufstellen. Und wir sollten ihn offensiv angehen, indem wir reisen, Initiativen anstoßen und Vorschläge machen.

Sehr konkret sind Trumps wirtschaftspolitische Ziele. Er will Freihandelsabkommen kündigen und hat Strafzölle für Importe angekündigt. Würde uns das überhaupt so hart treffen? Die Zukunftsmärkte liegen doch eher in Asien als in Amerika.
Der amerikanische Markt ist nach wie vor enorm wichtig. Schließlich sind die USA nach der EU die größte Marktwirtschaft der Welt. Strafzölle für Importe in Größenordnungen von 35 Prozent, wie sie der neue US-Präsident ins Gespräch gebracht hat, wären unvereinbar mit WTO-Regeln und sehr schädlich auch für die USA, weil dann auch die Handelspartner Zölle erheben würden.

Steuern wir auf einen Handelskrieg zu?
Ein solches Urteil wäre vorschnell. Es gibt diese sehr unerfreulichen Ankündigungen, ja, aber eine Nation allein kann einen solchen Krieg nicht führen. Und alle anderen werden sich sehr gut überlegen, ob sie sich in einen Handelskrieg hineinziehen lassen. Die Nachteile sind so offensichtlich – auch für die USA –, dass wir uns dem entschlossen entgegenstemmen müssen.

Brauchen wir mehr Optimismus?
Jedenfalls dürfen wir nicht in eine Angststarre verfallen und einen Handelskrieg, den Untergang von Nato und EU oder gleich den Untergang des Westens herbeireden.

Sehen Sie die EU nicht durch eine von Trump initiierte Politik der Spaltung bedroht?
Unser größtes Problem in Europa ist, dass wir unsere Hausaufgaben nicht machen. Die EU ist in der schlechtesten Verfassung seit ihrem Bestehen. Das sind denkbar schlechte Voraussetzungen, um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen.

Kann Druck von außen Reformen beschleunigen?
Grundsätzlich ja, aber ich kann leider noch nicht erkennen, dass der Weckruf schon angekommen wäre.

Gilt das auch für die Nato? Trump ist ja nicht der erste US-Präsident, der mehr Eigenverantwortung von Europa fordert.
Auch Hillary Clinton hätte die Europäer mit Nachdruck gedrängt, sich stärker um ihre eigene Sicherheit zu kümmern. Der Ton wäre sicher ein anderer gewesen, aber in der Sache ist das, was Präsident Trump fordert, nicht neu. Und es ist auch berechtigt. Die europäischen Nato-Partner haben zugesagt, ihre Verteidigungsetats zu erhöhen. Doch die meisten tun das nur zögerlich oder gar nicht und erwarten gleichzeitig ganz selbstverständlich, dass die USA ihre Ausgaben auf einem sehr hohen Niveau halten. Diese Verhältnisse werden sich jetzt endgültig ändern.

Norbert Röttgen (51) ist seit 2014 Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestags. Der CDU-Politiker war von 2009 bis 2013 Bundesumweltminister.

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