Casdorffs Agenda: Wir brauchen wohl eine Frauenquote in der Politik
Legt man die bisherige Entwicklung zugrunde, würde es fast 130 Jahre dauern, bis kommunalpolitische Führungspositionen paritätisch besetzt wären. Es bleibt wohl nur eine Lösung wie in Frankreich.
Wo wird die Politik fassbar? Besonders im Umfeld, in Städten. Die Heinrich-Böll-Stiftung und die Fernuni in Hagen haben vor diesem Hintergrund jetzt wieder die Frauenanteile an kommunalpolitischen Führungspositionen untersucht: Erlangen gewinnt das Genderranking deutscher Großstädte 2017 vor Trier und Frankfurt am Main. Schlusslicht ist Mülheim an der Ruhr, übrigens die Heimat von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.
73 Großstädte mit mehr 100.000 Einwohner*innen wurden verglichen. Der Frauenanteil an den Oberbürgermeister*innen ist stark eingebrochen – von 17,7 Prozent 2008 auf 8,2 Prozent 2017. Der Frauenanteil unter den Dezernent*innen ist dagegen als einzige politische Spitzenposition stark gestiegen, von 18,5 auf 29,1 Prozent.
Das wissenschaftliche Team der Fernuni führt das darauf zurück, dass auf diesem Feld die beruflichen Qualifikationen von Frauen eine größere Rolle spielen als bei der Besetzung rein politischer Ämter. Wenn nun die Politik den Frauenanteil in vertretbarer Zeit erhöhen wollte? Dann bliebe als Maßnahme nur die gesetzlich festgelegte, verbindliche Quote, wie sie zum Beispiel in Frankreich gilt. Denn die Entwicklung von 2008 bis 2017 zugrunde gelegt, dauerte es ohne Quote 128 Jahre, bis eine paritätische Besetzung mit Frauen und Männern erreicht wäre. Unfassbar, oder?
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Stephan-Andreas Casdorff