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Windräder als Naturidyll, aber was, wenn Zugvögel zwischen die Rotoren geraten?
© Kitty Kleist-Heinrich, TSP

Klimaschutz: Windräder sind gut - selbst wenn wir einen Preis dafür zahlen

Gibt es ein Dilemma zwischen Windrädern und Artenschutz? Nein, der Zielkonflikt ist marginal, wenn man sich die Alternative vor Augen führt, schreibt Anton Hofreiter im Gastbeitrag.

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist unter dieser Bundesregierung ins Stocken geraten. Dennoch: Solardächer und vor allem Windkraftanlagen sind weiterhin ein sichtbarer Erfolg für sauberen Strom. Neben Zustimmung dafür, gibt es seitens Naturschützern auch ernstzunehmende Kritik. Es sei ein Dilemma höre ich dann: Wir wollen Natur und Tiere schützen,  wir wollen auch erneuerbare Energien, aber nicht zu viel, wenn die beiden Ziele im Konflikt sind.

Meine Antwort: Strom aus Atom oder Kohle macht alles nur schlimmer. Die Risiken sind zu hoch, das Klima wird gefährlich überhitzt. Und unter den Klimaveränderungen und Wetterextremen leiden ja dann nicht nur wir Menschen, zu Schaden kommt die Natur. Auch aus Gründen des Naturschutzes müssen wir also schnell raus aus fossilen Energieträgern und rein in die vollständige Versorgung mit erneuerbar erzeugtem Strom. Klimakrise und Artenschwund sind die beiden größten existenziellen ökologischen Gefahren für uns Menschen. 

Klima- und Artenschutz und Energiewende müssen daher zusammen betrachtet und dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Mehr Naturschutz ist wichtig – und am meisten hilft dabei erneuerbare Energie in der Stromversorgung. Wir müssen das Gleichgewicht beim Naturschutz mit unserem Energieziel halten. Und nicht Windräder an den Pranger stellen, zumal die industrielle Agrarwirtschaft für die größten Verluste bei den Vögeln verantwortlich ist.

Der Kohleabbau frisst ganze Landschaften

Es wird höchste Zeit, sich allen Versuchen entgegenzustellen, einen Konflikt hier aufzubauschen und zu instrumentalisieren, um die Energiewende auszubremsen. Bei allen Diskussionen über das Spannungsfeld Windkraft und Naturschutz darf nie vergessen werden, dass die fossilen Energien einer der größten Naturzerstörer weltweit sind. Der Kohleabbau frisst ganze Landschaften, in Deutschland allein täglich eine Fläche von drei Fußballfeldern.

Ölkatastrophen bedrohen tropische Regenwälder und arktische Gewässer, Flusslandschaften und Ozeane. Daher müssen wir rasch aus den fossilen Energien aussteigen. Wir grüne sagen, bis 2030. Das ist gleichermaßen ambitioniert und realistisch. 

Die ökologischen Folgen der Windkraft sind dagegen überschaubar. Und sie sind beherrschbar. Im Unterschied zu den fossilen Energieträgern steht Windkraft dem Naturschutz nicht grundsätzlich entgegen. Für das gute Gelingen braucht es eine gute Planung vor Ort, eine umfassende Beteiligung der Betroffenen an der Planung und ökologische Standards für den Bau, die es zu prüfen und auch einzuhalten gilt. Denn am Ende entscheidet die konkrete Standortwahl für einen Windpark, ob Windstrom verträglich ausgebaut werden kann. 

Anrainer müssen von den Windrädern profitieren

Daher ist es auch klar, dass Windräder in Schutzgebieten nur dann gebaut werden können, wenn sie den Schutzgütern auf keinen Fall schaden. Und natürlich gibt es auch komplette Tabuzonen, in denen Windkraft keine Rolle spielen darf - so zum Beispiel unsere Naturschutzgebiete wie auch Nationalparks. Dem Rotmilan oder auch dem Mäusebussard wir dadurch geholfen, wenn schon bei der Planung fundierte Studien durchgeführt werden, die eine Gefährdung der Vögel und Fledermäuse analysiert. Dabei ist die Qualität der Gutachten ganz entscheidend und wir setzen uns dafür ein, dass dies durch ein Gütesiegel sichergestellt wird. Dadurch werden Standorte, die aus Naturschutzgründen nicht geeignet sind, verworfen. Und es können Auflagen festgelegt werden, wie zum Beispiel das zeitweilige Abschalten der Windräder während Flugzeiten. Genug Nahrung und Nistplätze in sicherer Entfernung zu den Windrädern mindert das Kollisionsrisiko des Vogels mit den Rotorblättern. 

Kompetente Beratungs- und Fachstellen werden benötigt und müssen weiter ausgebaut werden, um den Beteiligten vor Ort mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Und wenn es zu unterschiedlichen Interessenslagen vor Ort kommen sollte,  wollen wir in Zusammenarbeit mit den Ländern ein Netz von Schlichtungsstellen aufbauen, in dem konkrete Konflikte vor Ort im Konsens gelöst werden können. Die  Akzeptanz hängt entscheidend davon ab, ob erneuerbare Energien in der Region verwurzelt sind. Wir Grüne wollen deshalb die Bürgerenergien stärken, damit die Wertschöpfung in den vor Ort verbleibt. Für Mehr Naturschutz und für mehr Windkraft mit den Bürgern und Bürgerinnen

- Der Autor ist Vorsitzender der Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen

Von Anton Hofreiter

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