Russland schürt Preisangst: „Willkommen in einer Welt, in der Europäer 2000 Euro für Gas zahlen“
Der russische Ex-Premier Medwedew prophezeit steigende Energiepreise. Deutsche Experten sind überzeugt, dass dies nicht nur mit Nord Stream 2 zusammenhängt.
Der Vize-Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrates in Russland, Dmitri Medwedew, hat die Furcht vor höheren Gaspreisen durch die auf Eis gelegte Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 geschürt. Laut der Nachrichtenagentur Ria sagte der frühere Ministerpräsident: „Willkommen in einer Welt, in der Europäer 2000 Euro für Gas zahlen.“
Zuvor hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck steigende Gaspreise in Deutschland befürchtet. Der Grünen-Politiker sagte am Dienstag, es könnte kurzfristig ein Ansteigen der Gaspreise geben. Das hänge auch davon ab, wie sich das Angebot entwickle. Zugleich sagte Habeck, Deutschland sei „versorgungssicher“.
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Krieg treibe Preise nach oben, sagte Habeck. Er betonte die Bedeutung, die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern. Deutschland müsse möglichst schnell aus fossilen Energieträgern aussteigen. Daher sollten die erneuerbaren Energien schnell ausgebaut werden. Deutschland müsse sich unabhängig machen von der „Preis- und Kriegstreiberei“ anderer Länder.
Der Stopp des Zertifizierungsverfahrens für die umstrittene Pipeline Nord Stream 2 ist nach den Worten Habecks in den vergangenen Wochen und Monaten vorbereitet worden. Der russische Präsident Wladimir Putin habe mit der Anerkennung der Unabhängigkeit der Separatistenregionen Donezk und Luhansk in der Ostukraine einen schweren Bruch des Völkerrechts begangen. Es werde wirtschaftliche Sanktionen geben.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sieht den Grund für die weitere steigenden Preise aber nicht nur darin, dass Nord Stream 2 gestoppt werde, sondern weil es sich generell um eine sehr ernste geopolitische Krise handele.
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„Sollten die gesamten fossilen Energie-Bezüge gestoppt werden, wird es erhebliche Anstrengungen bedürfen, dies entsprechend zu kompensieren“, sagt DIW-Energieexpertin Claudia Kemfert. „Die beste Antwort auf fossile Energiekriege ist die Energiewende mit einem Ausbau der erneuerbaren Energien und deutlichem Energiesparen.“
Kemfert sieht Deutschland schlecht vorbereitet auf eine drohende Energiekrise angesichts des russischen Vorgehens in der Ostukraine. „Wir brauchen eine strategische Gasreserve, die uns wie beim Öl für 90 Tage im Ernstfall mit Gas versorgt“, sagt die DIW-Energieexpertin. „Und wir sollten die Gasspeicher von Russland zurückkaufen und in Staatsbetrieb verwalten, damit wir uns ausreichend versorgen können.“
EU-Kommission schätzt Versorgung als sicher ein
Nach Einschätzung der Kommission der Europäischen Union ist die Gasversorgung trotz des eskalierenden Konflikts vorerst sicher. Man sei nicht in einer Situation, in der man sich im Fall von Lieferunterbrechungen „von einem Tag zum anderen ohne Gas befinden würde“, sagte ein Sprecher am Dienstag in Brüssel. Die Gasspeicher seien derzeit zu etwa 30 Prozent gefüllt.
Zudem gibt es den Angaben zufolge mehrere Länder, die in der Lage wären, ihre Flüssiggaslieferungen in die EU zu erhöhen. Als Beispiel wurden Aserbaidschan, Ägypten, Nigeria und Norwegen genannt. Verwiesen wurde auch auf Äußerungen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie hatte am Wochenende bei der Münchner Sicherheitskonferenz gesagt, die EU sei diesen Winter selbst bei einer völligen Unterbrechung der Gasversorgung durch Russland auf der sicheren Seite.
In der EU wird seit Wochen befürchtet, dass der derzeitige Konflikt mit Russland zu einer Unterbrechung von Gaslieferungen führen könnte. Bis zuletzt deckte die EU nach Kommissionsangaben knapp ein Viertel (24 Prozent) ihres Energiebedarfs mit Gas, wovon wiederum 90 Prozent importiert werden. 40 Prozent der Importe stammten von dem russischen Unternehmen Gazprom. (Tsp, Agenturen)