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Der PUS-Präsident Donald Trump.
© imago images/UPI Photo

Strategie für den Fall einer Niederlage: Wieso Trump die US-Wahl diskreditiert

Der Präsident bezweifelt, dass Kamala Harris Vizepräsidentin werden darf und die US-Post die Briefwahl bewältigen kann. So will er sich Optionen offenhalten.

Die Nominierung von Kamala Harris als Vizepräsidentschaftskandidatin des Demokraten Joe Biden hat den Wahlkampf in beiden Lagern belebt, aber auch zugespitzt. Erste Umfragen zeigen, welche Wählerinnen und Wähler nun stärker motiviert sind, für die Demokraten zu stimmen, und welche Harris abschreckt. Amtsinhaber Donald Trump betrachtet Harris offenbar als Gefahr.

Er greift sie hart an und stellt in Frage, ob sie überhaupt Vizepräsidentin werden dürfe. Sie sei angeblich keine vollwertige US-Bürgerin, wie die Verfassung das verlange, suggeriert er. Mit der gleichen Verschwörungstheorie hatte er früher in der so genannten „Birther“-Kontroverse angezweifelt, dass Barack Obama rechtmäßiger Präsident sei. Obama sei womöglich in Kenia und nicht in den USA geboren.

Trump lehnt bessere Ausstattung der Post für Briefwahl ab

Trump setzt auch seine Angriffe auf die US-Post fort, um die Legitimität der Wahl im November zu unterminieren, bei der ihm laut Umfragen eine Niederlage droht. Die Post sei nicht in der Lage, eine faire und transparente Wahl zu garantieren, wenn wegen des Coronavirus massenhaft per Briefwahl abgestimmt werde, sagt er. Wahlbetrug werde die Folge sein. Trump lehnt es zugleich ab, der Post mehr Geld zu geben, damit sie die Zustellung der Briefwahlunterlagen und den Rücktransport der Stimmzettel verlässlicher organisieren kann.

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Kamala Harris als Bidens „Running Mate“ – diese Nachricht polarisiert die US-Gesellschaft, bringt den Demokraten aber viel Zustimmung in Wählergruppen ein, die entscheidend sein können. In einer ersten Umfrage seit ihrer Nominierung für das Nachrichtenportal Axios sagen 22 Prozent, es sei wahrscheinlich, dass sie nun für Biden stimmen. 19 Prozent geben an, wegen Harris sei dies unwahrscheinlicher geworden.

Demnach beträgt der Nettogewinn der Entscheidung in der Gesamtwählerschaft nur drei Prozentpunkte und liegt im statistischen Fehlerbereich solcher Umfragen. Unter weißen Männern und Frauen ist der Saldo sogar negativ. Nur 16 Prozent wollen wegen Harris wahrscheinlicher für Biden stimmen, 23 Prozent sagen, das sei unwahrscheinlicher geworden.

Kamala Harris mobilisiert Wählerinnen und Wähler der Demokraten

In den Wählergruppen, die Biden in hoher Zahl an den Urnen braucht, sehen die Werte besser aus. Schwarze Frauen und moderate Demokraten reagieren enthusiastisch auf Harris. 43 Prozent der Afroamerikanerinnen sagen, ihre Stimmen für die Demokraten sei nun wahrscheinlicher geworden; sieben Prozent antworten mit unwahrscheinlicher. Unter moderaten Demokraten antworten 47 Prozent mit wahrscheinlicher, fünf Prozent mit unwahrscheinlicher.

Selbst der linke Parteiflügel nimmt es kaum übel, dass Biden keine progressivere Frau als Vize wählte. 40 Prozent wollen wegen Harris umso wahrscheinlicher für Biden stimmen, vier Prozent antworten mit Nein.

Erster Auftritt als Team: Joe Biden und Kamala Harris.
Erster Auftritt als Team: Joe Biden und Kamala Harris.
© Carolyn Kaster/AP/dpa

Würde das Team Biden/Harris die Wahl gewinnen, wäre das eine dreifache Premiere für die USA. Sie wäre die erste weibliche, die erste afroamerikanische und die erste asienstämmige Vizepräsidentin. Ihre Mutter stammt aus Indien, ihr Vater aus Jamaika. Sie lernten sich an der Uni Berkeley in Kalifornien kennen, wo die Mutter in Krebsforschung und der Vater in Ökonomie promovierte.

Kamala kam dort am 20. Oktober 1964 auf die Welt und ist durch Geburt im Land „natural born citizen“ der USA, wie es die Verfassung für das Amt von Präsident und Vizepräsidentschaft verlangt. Andere Ämter wie Bürgermeister, Gouverneur, Abgeordneter oder Senator können auch Personen erringen, die im Ausland geboren und später eingebürgert wurden.

Verschwörungstheorie: Bidens Vize sei kein "natural born citizen"

Trump beruft sich auf den konservativen Juristen John C. Eastman, der in „Newsweek“ diskutiert, ob Harris unter die Ausnahmen von der Regel falle, dass Geburt im Land automatisch zur Staatsbürgerschaft führen, die im 14. Verfassungszusatz von 1868 aufgelistet sind. Viele US-Medien zitieren angesehene Verfassungsexperten, die das für eine Verschwörungstheorie halten und auf ein Urteil des Supreme Court von 1898 zu diesem 14. Amendment verweisen. Nach diesen Kriterien sei Harris ein „natural born citizen“. Als der Republikaner John McCain 2008 gegen Barack Obama kandidierte, hatte der Kongress parteiübergreifend dafür gestimmt, dies zuzulassen, obwohl McCain nicht in den USA, sondern auf einem US-Militärstützpunkt in der Panamakanalzone geboren wurde.

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Die neue „Birther“-Kontroverse, nun um Kamala Harris, sowie die Zweifel an der Post und der Briefwahl gehören zu einer generellen Strategie Trumps, den Wahlausgang prophylaktisch zu diskreditieren. Und sich Optionen offenzuhalten, eine Niederlage nicht anzuerkennen, sondern als Ergebnis von Manipulationen darzustellen.

Trump möchte Briefwahl einschränken

Die Briefwahl ist zwischen Demokraten und Republikanern umstritten. Wähler der Demokraten nutzen sie in den Staaten, die dies ohne Auflagen erlauben, viel häufiger als Wähler der Republikaner. Die US Post arbeitet erfahrungsgemäß weniger zuverlässig als die deutsche Post. Sie ist freilich unterfinanziert.

Im konservativen Sender Fox deutete Trump nun an, seine Weigerung, der Post mehr Geld zu geben, habe auch das Ziel, die Möglichkeit zur Briefwahl einzuschränken. Im Schnitt der Umfragen liegt Biden (49,3 Prozent) landesweit 7,7 Prozentpunkte vor Trump (41,6) und in den meisten wahlentscheidenden „Swing States“ vier bis sechs Prozentpunkte vor Trump.

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