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Kanzlerin Merkel auf dem Weg in den Koalitionssausschuss.
© dpa

Koalition nach dem Spitzentreffen: Wie löst man einen gordischen Knoten?

Die Ökonomen sagen geringeres Wachstum voraus. Die schwarz-rote Koalition will die Wirtschaft ankurbeln. Aber wie geht man vor in einer unübersichtlichen Lage? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albert Funk

Matjes, Brot und Käse – das Signal sollte wohl sein, dass die Spitzen der Koalition schon wissen, wie man derzeit auftreten muss. Das Koalitionstreffen am Dienstagabend, das erste formelle seit einem Jahr, fand in einem Umfeld statt, das wenig rosig ist. Die internationale Lage ist angespannt wie seit Jahren nicht, die wirtschaftliche Situation ist trüber als noch vor einigen Monaten. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat gerade seine Wachstumsprognosen zurückgenommen und musste eingestehen, was Skeptiker schon länger vermuten: Die Auswirkungen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise, die 2008 begann, sind doch gravierender und langwieriger. Es sind die Folgen einer Überschuldungskrise, das sollte man sich immer vor Augen halten. Und der Zeitraum der Entschuldung, erst bei Firmen und Privathaushalten, dann bei den Staaten, die einspringen müssen, um das Zurückfallen in eine starke Rezession samt Deflation (das japanische Szenario der 90er Jahre) zu verhindern, wird länger sein als gedacht. Was die Bundesregierung nach der Sitzung des Koalitionsausschusses konkret zu tun gedenkt, würde man gern bald erfahren – die ersten Nachrichten sind dürftig. Aber man will die Wirtschaft ankurbeln, so viel ist klar. Zu große Erwartungen sollte man nicht haben. Und das ist auch richtig.

Niedrige Zinsen, mehr Investitionen?

Denn was kann man tun? Die Niedrigzinspolitik hat bisher nicht gehalten, was man sich versprochen hat. Und sie ist riskant, denn niedrige Zinsen tragen die Gefahr in sich, die nächste Verschuldungskrise heraufzubeschwören. Doch wird man wohl noch ein Weilchen in dieser Niedrigzinswelt leben müssen, denn die Staaten haben allesamt ein Interesse daran. In Deutschland ist die Haushaltskonsolidierung vor allem den gesunkenen Zinslasten zu danken. Auf der Ausgabenseite hat sich wenig bis nichts getan. Hätten Bund, Länder und Kommunen die letzten Jahre genutzt, ihre Etats durchzuforsten und auszumisten, dann hätten sie jetzt mehr Spielraum für Investitionen in die Infrastruktur, die nicht nur der IWF fordert. Statt dessen wird über eine Infrastrukturabgabe geredet, die Dobrindt-Maut, die zunächst zwar mit der Kfz-Steuer verrechnet werden soll, aber natürlich nichts anderes ist als der Einstieg in eine weitaus stärkere Abgabenfinanzierung des Straßenbaus – mit mutmaßlich bald steigendem Volumen. Das wird dann wieder Kaufkraft wegnehmen, die man natürlich auch stärken könnte über Steuerentlastzungen, aber davon will man in Deutschland wenig wissen, auch wenn die Amerikaner damit kurzfristig ganz gute Erfahrungen beim Ankurbeln gemacht haben. Ob groß angelegte staatliche Investitionsprogramme wirklich etwas taugen, darüber sind sich die Ökonomen bekanntlich uneins, Zweifel sind aber durchaus angebracht. In jedem Fall, ob Steuersenkung oder Geldausgeben – die Politik der schwarzen Null wäre damit nicht mehr weiterzuführen. Sie ist ohnehin in Gefahr, wenn der Einbruch der Produktion im August sich in den nächsten Monaten fortsetzt (was ja auch zu erwarten ist, wenn man davon ausgeht, dass nach dem sachten Aufschwung nach der Krise nun eben wieder ein Abschwung kommt).

Der große Plan?

Der IWF weiß auch nicht so recht, was man in dieser Situation denn nun tun soll und empfiehlt der Politik, Vertrauen wiederherzustellen durch klare Pläne, wie man mit den Folgen der Krise und der Herausforderung geringen Wachstums umgeht. Aber diese klaren Pläne, diese Zauberstablösungen gibt es nicht. Kluge Politik besteht eben nicht darin, so zu tun, als ob man den großen Plan in der Schublade habe, sondern eher darin, mit Vorsicht und in kleinen Schritten vorzugehen. Es geht um das Lösen eines gordischen Knotens. Durchhauen klingt nach Tatkraft. Ist aber auch riskant, weil man sicher sein muss, dass das Schwert stabiler ist als der eng verknotete Strick.

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