EEG-Umlage steigt: Wie kann der Strom bezahlbar bleiben?
Die Erneuerbare-Energien-Umlage steigt. Das kostet die Verbraucher viel Geld. Strategien, den Preis zu stabilisieren, gibt es viele. Nicht jeder Vorschlag ist aber auch umsetzbar.
Die EEG-Umlage, aus der die Förderung erneuerbarer Energien bezahlt wird, steigt 2013 um 1,73 auf 5,277 Cent pro Kilowattstunde für Haushalts- und Gewerbekunden. Ein Großteil der Industriebetriebe wird weiterhin von der EEG-Umlage befreit. Die drastische Erhöhung ist vor allem auf vier Kostentreiber in der Umlage zurückzuführen: Bei der Festlegung des Kostensatzes für das Jahr 2012 haben die Übertragungsnetzbetreiber die Entwicklung des Börsenstrompreises falsch eingeschätzt. Sie haben mit steigenden Preisen gerechnet, tatsächlich ist er drastisch gefallen; wegen der Wirtschaftskrise und weil Wind- oder Solarstrom an der Börse mit Betriebskosten null gehandelt werden und den Preis so noch weiter senken.
Die Umlage errechnet sich aber aus der Differenz zwischen dem Börsenpreis und der garantierten Einspeisevergütung für die jeweilige erneuerbare Energie. Vor allem deshalb ist das Umlagenkonto 2012 lange Zeit im Minus geführt worden. Die Kosten dafür und die deshalb angefallenen Zinsen werden mit der Umlage 2013 nun wieder eingetrieben. Um eine negative Kontoführung 2012 zu vermeiden, wird zudem eine beträchtliche Liquiditätsreserve erhoben. Allein diese zwei Posten zusammen ergeben eine Erhöhung der Umlage um 0,64 Cent pro Kilowattstunde. Dazu kommen noch höhere EEG-Umlagenbefreiungen für die Industrie in einem Umfang von 0,27 Cent.
Der vierte Preistreiber ist der Ausbau der Solarenergie, der seit den anhaltenden Debatten über eine Förderkürzung seit drei Jahren explosionsartig verlaufen ist. Die Solarförderung treibt die Umlage um 0,33 Cent nach oben. Zwei dieser Faktoren sind Einmaleffekte, die schon 2014 die EEG-Umlage nicht mehr belasten werden (Kontoführung und Liquiditätsreserve). Die Kosten, die von 2013 an für die Solarförderung anfallen, werden bis zum Ende der Förderung unter einem halben Cent pro Kilowattstunde liegen.
Stromsteuer senken
Die FDP verlangt, die Stromsteuer in dem Umfang zu senken, in dem die Mehrwertsteuereinnahmen des Bundes durch den Anstieg der EEG-Umlage steigen. Es geht um rund 470 Millionen Euro Mehreinnahmen, wie die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei geantwortet hat. Die FDP argumentiert, der Staat solle sich nicht „an der steigenden EEG-Umlage bereichern“. Außerdem hat die Partei den Bundestagswahlkampf 2009 damit verbracht, Steuersenkungen zu versprechen. Damit konnte sie sich jedoch nur bedingt durchsetzen. Gelungen ist ihr eine Steuersenkung für Hoteliers. Und nun will sie also die Stromsteuer leicht senken und begründet das vor allem mit den zu hohen Energiekosten von Niedrigverdienern.
Eine Stromsteuersenkung in einem Gesamtumfang von etwa 470 Millionen Euro dürfte sich allenfalls auf der Stromrechnung von Großverbrauchern bemerkbar machen. Seit 2003 liegt die Stromsteuer bei einem Satz von 2,05 Cent pro Kilowattstunde. Das Gesamtaufkommen 2011 lag bei 7,2 Milliarden Euro. Arepo-Consult hat im Auftrag der linksparteinahen Rosa-Luxemburg-Stiftung ermittelt, dass die Industrie bei der Stromsteuer in einem Umfang von 3,4 Milliarden Euro profitiert.
Der Anteil der Mehrwertsteuer am Strompreis ist nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) seit 1998 von 2,33 Cent pro Kilowattstunde auf 4,11 Cent gestiegen. Jede Strompreiserhöhung, auch aufgrund von höheren Brennstoffkosten, schlägt sich in einer höheren Mehrwertsteuer nieder.
Anpassung der EEG-Vergütungssätze?
Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hat eine Senkung der Stromsteuer bereits abgelehnt. Sein Hauptargument lautet: Das entlastet arme Haushalte nicht und kommt auch den reichen Haushalten zugute. Beim Bundesfinanzministerium gibt es nach Angaben aus dem Umweltministerium keine Bereitschaft, sich auf eine indirekte Rückzahlung höherer Mehrwertsteuereinnahmen einzulassen. Die Umsetzungswahrscheinlichkeit des Liberalen-Vorschlags ist also eher gering.
Ausnahmen für die Industrie streichen
Die Grünen kritisieren, dass die Zahl der Unternehmen, die von der EEG-Umlage befreit sind, von der schwarz-gelben Regierung massiv ausgeweitet wurde. Im Jahr 2013 werde die Zahl dieser Unternehmen von derzeit 700 auf mehr als 2000 ansteigen. Erneuerbare Energien würden den Börsenstrompreis jedoch um 0,9 Cent je Kilowattstunde senken. Dadurch konnten die von der Umlage befreiten Unternehmen ihre Energiekosten in diesem und im vergangenen Jahr um jeweils etwa 600 Millionen Euro senken.
Der Grünen-Parteirat hat am Montag beschlossen, dass Ausnahmenregelungen nur dann noch zulässig sein sollen, wenn der Stromkostenanteil eines Unternehmens mindestens 20 Prozent an den Kosten der Gesamtproduktion beträgt. Zum anderen müsse das Unternehmen einen Jahresstromverbrauch von mindestens zehn Gigawattstunden aufweisen. Außerdem soll berücksichtigt werden, ob ein Unternehmen im internationalen Wettbewerb steht. Auch die Linkspartei und die SPD fordern, die Kosten der EEG-Umlage gerechter zu verteilen und die Ausnahmen für die Industrie zu beschränken.
Zudem fordern die Grünen, die Marktprämie abzuschaffen und auf die Erhöhung der Liquiditätsreserve zu verzichten. Darüber hinaus verlangen die Grünen eine Rücknahme der Begünstigungen bei den Stromnetzentgelten, also der Gebühren für die Netznutzung. Damit könnten Mehrbelastungen in Höhe von rund vier Milliarden Euro für Privathaushalte und mittelständische Unternehmen vermieden werden, argumentieren die Grünen. Die Marktprämie hat die Bundesregierung bereits vor zwei Monaten gesenkt, weil sie offenkundig zu hoch ausgefallen war.
Die Industrieausnahmen tragen allein mit 0,27 Cent pro Kilowattstunde zur Erhöhung der EEG-Umlage im kommenden Jahr bei. Insgesamt werden nach Angaben des Öko-Instituts 107 104 Gigawattstunden Strom von der EEG-Umlage befreit oder deutlich entlastet. Davon entfallen 9278 Gigawattstunden auf Unternehmen, die erst seit der EEG-Novelle 2012 antragsberechtigt sind. Der Effekt auf die Umlage wäre relativ gering.
EEG-Vergütungssätze ändern
Die auf 20 Jahre garantierten Vergütungssätze des Erneuerbare Energien Gesetzes sind seit dem Jahr 2000 stetig gesunken. Das bedeutet: Jede Anlage, die zu einem bestimmten Zeitpunkt ans Netz gegangen ist, bekommt den jeweils aktuell gültigen Vergütungssatz über einen Zeitraum von 20 Jahren. Rainer Bause vom Netzbetreiber Amprion sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Wir haben inzwischen 4000 Vergütungskategorien.“ Der größte Ausgabenposten in Sachen garantierte Vergütung sind die Solarstromanlagen, die bis einschließlich 2011 gebaut worden sind. Sie allein kosten über einen Zeitraum von 20 Jahren 2,26 Cent pro Kilowattstunde Haushaltsstrom. Im Sommer ist entschieden worden, dass Solarstrom nur noch bis zu einer Leistung von 52 Gigawatt gefördert werden soll. Der gesamte weitere Zubau wird die EEG-Umlage mit weniger als 0,3 Cent belasten.
Hilfe für sozial Schwächere?
Nicht einmal die FDP, die das EEG insgesamt abschaffen und durch eine neue Fördersystematik ersetzen will, fordert eine rückwirkende Änderung der Vergütungssätze. Wie bei jedem Gesetz gilt der Rechtsgrundsatz des Bestandsschutzes. Regeln können nicht rückwirkend geändert werden. Das gilt auch für die Vergütungssätze für die Einspeisung erneuerbarer Energien ins Stromnetz. Die FDP will deshalb 20 Jahre lang zwei Systeme parallel nebeneinander herlaufen lassen.
Umweltminister Peter Altmaier (CDU) hat in der vergangenen Woche vorgeschlagen, auch für Windenergie, die an Land erzeugt wird, für Windenergie, die auf dem Meer produziert wird, sowie für Biogas Obergrenzen für den geförderten Ausbau zu definieren. „Was für Fotovoltaik richtig war, kann für andere Energien nicht falsch sein“, sagte er am Montag in Berlin. Dagegen wehren sich aber nicht nur Opposition und Erneuerbare-Energien-Branche. Auch die Ministerpräsidenten der norddeutschen Bundesländer sind strikt gegen eine Deckelung, denn sie haben gewaltige Windausbaupläne.
Wie das Fördergesetz EEG den Weg der erneuerbaren Energien vom Nischenprodukt zur Säule der Stromversorgung begleiten wird, ist derzeit völlig offen. Die Preisbildung an der Strombörse macht jedenfalls jedes neue Kraftwerk, ob Windrad oder Gaskraftwerk, unrentabel, weil alle gegen abgeschriebene Altanlagen ankonkurrieren müssen.
Sozial Schwache bezuschussen
Die höhere Ökostrom-Umlage muss von den Energieunternehmen nicht automatisch und zwangsläufig als Strompreiserhöhung an die Kunden weitergegeben werden. So erklärte am Montag ein Eon-Sprecher, die Umlage sei nur ein Bestandteil für die Preiskalkulation. Man werde den Markt in den kommenden Wochen sorgfältig beobachten. Auch RWE kündigte an, den Strompreis in der Grundversorgung bis in das Jahr 2013 stabil zu halten.
Dennoch: Im Laufe des kommenden Jahres ist mit deutlich steigenden Strompreisen zu rechnen, und das könnte vor allem für einkommensschwache Haushalte zu einem Problem werden. Umgehend verlangte Linksfraktionschef Gregor Gysi, der Staat müsse in den Energiemarkt eingreifen. Staatliche Aufsicht und Regulierung seien nötig, um „die Willkür der Stromversorger bei der Festlegung von Strompreisen für Privathaushalte zu beenden“, sagte er. Die Linksfraktion plädiert in ihrem Energiekonzept für ein neues Strompreismodell. Danach soll jeder Privathaushalt ein kostenloses Grundkontingent an Strom bekommen, das sich an der Haushaltsgröße orientiert. Der Strom, der darüber hinaus verbraucht wird, soll teurer sein als heute, um das Grundkontingent zu finanzieren.
SPD-Vize Ulrich Kelber schlägt eine Energiekostenpauschale für Haushalte mit geringen Einkommen vor. Insgesamt hat er 32 Vorschläge zur Erhöhung der Energieeffizienz und damit einem Ausgleich der Kostensteigerungen beim Strompreis zusammengetragen. Sozialverbände, Linkspartei und in abgewandelter Form auch die Grünen fordern gezielte Investitionskostenzuschüsse für arme Haushalte, wenn sie ineffiziente Kühlschränke austauschen. Das Wirtschaftsforschungsinstitut DIW hat ausgerechnet, dass ein solcher Zuschuss rund 560 Millionen Euro kosten würde. Umweltminister Peter Altmaier hat vorgeschlagen, jedem Haushalt eine kostenlose Energieberatung anzubieten. Neben einer Erhöhung der Hartz-IV-Sätze ist auch ein Stromkostenausgleich über das Wohngeld in der Diskussion. Mehrheiten gibt es aktuell für keinen dieser Vorschläge. (mit sib)