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Joachim Stamp (FDP, l) nordrhein-westfälischer Integrationsminister und Peter Biesenbach (CDU, r), Justizminister des Landes Nordrhein Westfalen, bei einer Sondersitzung zur möglicherweise rechtswidrigen Abschiebung des tunesischen Islamisten Sami A.
© Federico Gambarini/dpa

FDP: Wie Joachim Stamp seine Partei provoziert

Der FDP-Integrationsminister von NRW stellt im Fall Sami A. seine Partei vor die Rechtsstaatlichkeitsfrage. Ein Portrait.

Von Antje Sirleschtov

Nicht ausgeschlossen, dass Joachim Stamp am Ende mit einem blauen Auge davonkommt. Wenn das Oberverwaltungsgericht Münster befindet, dass Tunesien kein Folterstaat ist und damit die Abschiebung des Ex-Bin-Laden-Gefolgsmannes Sami A. im Nachhinein heilt, wird sich der Integrationsminister von Nordrhein-Westfalen als tatkräftiger Abschieber von Gefährdern präsentieren können, der dem gesunden Menschenverstand zur Geltung verholfen hat. Getreu seinem Motto, bis an die Grenzen des Rechtsstaates zu gehen und „mit aller Konsequenz Personen, die die Sicherheit unseres Landes gefährden, unter Ausschöpfung aller rechtlich gebotenen Mittel zurückzuführen“. Die Frage, ob die Abschiebung vor Wochen rechtmäßig war und welche Rolle Stamp darin hatte, werden dann nebensächlich.

Doch wehe für Stamp, es kommt anders und der Abgeschobene muss zurückgeholt werden. Jeden Stein wird die Opposition im Düsseldorfer Landtag aufheben, um ans Licht zu bringen, was längst jeder ahnt und den Minister im schlimmsten Fall sogar zu Fall bringen kann: Bei der Abschiebung von Sami A. wurden Informationen zurückgehalten, Verfahrensbeteiligte nicht oder nur unvollständig informiert und Richter quasi augenzwinkernd hinters Licht geführt. Kurzum: Trickreich ist ein Hase-und-Igel-Spiel unter Ausnutzung aller Lücken im System genutzt worden. Und Joachim Stamp war mittendrin.

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Für dessen Partei, die FDP, ist der Schaden aber schon jetzt da. Und zwar ganz gleich, wie die Sache ausgeht. Jahrzehntelang verstehen sich die Liberalen nicht nur als Partei der Marktwirtschaft, sondern auch der Bürgerrechte. Wenn andere aus politischen Opportunitäten heraus Freiheitsrechte schleifen oder das Recht zum Erfüllungsgehilfen der Politik degradieren wollten, war die FDP zur Stelle. Der Rechtsstaat gilt für jeden, ohne Ansehen der Person, war nur eines der Postulate von liberalen Köpfen wie Gerhard Baum oder Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Dafür stritten sie und legten sogar Ämter nieder.

Mag man die Steuersenkungspartei verachtet haben. Aber darauf, dass die Liberalen den Rechtsstaat nicht preisgeben würden, für nichts noch so Wünschenswertes, konnte man sich verlassen. Nun ist diese Gewissheit hin. Und mancher wird sich fragen, wozu diese FDP noch taugen soll, wenn auch sie für einen politischen Coup bereit ist, ihre Grundsätze über Bord zu werfen.

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