Klimagipfel: Wie in der Teeküche
Eine Teeküche in einem Betrieb ist ein gutes Sinnbild: Jeder will eine saubere Tasse haben, aber keiner hat Lust, die Spülmaschine einzuräumen. Genauso läuft es bei Klimaverhandlungen wie jetzt auf dem Gipfel in Lima. Ein Kommentar.
Wenn es darum geht, langfristige Ziele zu formulieren, klappt die weltweite Zusammenarbeit gar nicht so schlecht. Auch beim beinahe gescheiterten Klimagipfel in Lima ist wieder einmal ein sehr langfristiges Ziel vereinbart worden: 2100 soll es keine menschengemachten Treibhausgasemissionen mehr geben. Bis dahin soll die Weltwirtschaft so umgebaut sein, dass Energie aus erneuerbaren Quellen kommt und Industrieemissionen neutralisiert werden, über die Wiederherstellung von Ökosystemen, die Kohlenstoff binden können, wie Moore oder Wälder.
Vor vier Jahren hat der Klimagipfel in Cancun beschlossen, die globale Erwärmung im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung unter zwei Grad zu halten. Beide Vorgaben sind richtig, wenn vermieden werden soll, dass die Welt zum Ende des Jahrhunderts im Klimachaos endet. Aber wie die Welt dahinkommen soll, blieb in Lima so offen, wie es in einem Jahr beim Pariser Gipfel wohl offen bleiben wird. Dort soll ein umfassendes Klimaabkommen verabschiedet werden.
Nun ist das Klima ein träges System. Was die Treibhausgasemissionen anrichten, 2013 übrigens die höchsten jemals gemessenen, wird erst in ein oder zwei Jahrzehnten richtig spürbar werden. Das Klimasystem reagiert zudem nicht immer gleich. Erwärmung muss nicht heißen, dass es überall auf der Erde gleichmäßig wärmer wird. Es gibt so viele Wechselwirkungen auf das Wetter, dass vieles schwer bis gar nicht vorhersagbar ist. Die Schadensbilanzen des Rückversicherungskonzerns Munich Re lassen allerdings Rückschlüsse auf die Veränderungen zu, die sich längst in unserer Gegenwart vollziehen.
Es ist eine fast übermenschliche Aufgabe, ein faires Abkommen auszuhandeln
Nur politische Kooperation kann das Klimaproblem lösen. Doch das ist so ziemlich das Schwerste, was es für Politiker zu tun gibt. Das Problem ist schwierig zu lösen, es erfordert große Veränderungen, es löst Abstiegsängste aus, die Interessenlagen sind überall verschieden, und man wird kaum als bewunderter Held aus den Verhandlungen herauskommen. Eine gemeinsam genutzte Teeküche in einem Betrieb ist ein gutes Sinnbild für die Aufgabe: Jeder will eine saubere Tasse haben, aber keiner hat Lust, die Spülmaschine ein- und wieder auszuräumen. Genauso läuft es bei Klimaverhandlungen. Volkswirte sprechen von der Tragödie der Gemeinschaftsgüter.
Es ist eine fast übermenschliche Aufgabe, ein faires Abkommen auszuhandeln, das Entwicklungsländer nicht zwingt, arm zu bleiben, und Industrieländer nicht zwingt, sich arm zu machen. Möglich wäre es aber. Der Umbau der Weltwirtschaft ist zwar eine gigantische Aufgabe. Doch vor 200 Jahren gab es diese Weltwirtschaft noch gar nicht. Warum sollte es der modernen Zivilisation nicht möglich sein, in 40 Jahren genügend Energie aus Sonne, Wind und Wasserkraft zu erzeugen, um alle zu versorgen? Dabei entstehen neue Jobs, es entsteht neuer Wohlstand, das Klima könnte stabilisiert werden. Im Vergleich mit der Rettung der Banken in der Finanzkrise ist das relativ preiswert – und hat einen Nutzen für die Zukunft. Die Bundesregierung könnte gleich damit anfangen und endlich aufhören, neue Kohlekraftwerke außerhalb Deutschlands mit Exportkrediten und Entwicklungsgeld erst möglich zu machen. Jede Investition in die falsche, klimaschädliche Infrastruktur ist ein Stolperstein auf dem Weg zur Lösung der Klimakrise.