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Nicht immer einer Meinung - Altkanzler Kohl und die heutige Amtsinhaberin Merkel.
© dpa

Helmut Kohl: Wie hältst du es mit den Griechen?

Helmut Kohl und die Union sagen, dass es ein Fehler war, Griechenland in die Eurozone aufzunehmen. Eine Rede von 1998 lässt Zweifel aufkommen, ob der Altkanzler Athen den Euro aber wirklich verweigert hätte.

Das „Was-wäre-wenn-Spiel“ ist ein müßiges. Wer sagt, er hätte dieses oder jenes getan, wenn er dazu die Möglichkeit gehabt hätte, der kann das zwar behaupten. Den Beweis kann er aber meist nicht erbringen. Das liegt in der Natur solcher Sätze mit Konjunktiv.

Die Union hat offenbar Gefallen an dem Spiel gefunden. In der Haushaltsdebatte sagte die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, dass die Aufnahme Griechenlands in die Euro-Zone „der erste große Fehler“ in der Euro-Politik der früheren rot-grünen Bundesregierung gewesen sei. „Wir haben davor gewarnt.“ Auch Altkanzler Helmut Kohl (CDU) äußerte sich jüngst. „Mit mir als Bundeskanzler hätte Deutschland der Aufnahme Griechenlands in die Euro-Zone nicht zugestimmt.“ Ein Altkanzler gegen einen anderen. Mit der Aussage schoss Kohl gegen seinen Amtnachfolger Gerhard Schröder (SPD), der im Juni 2000 in der EU für den Beitritt Griechenlands stimmte.

Die Europäische Zentralbank (EZB) und die EU-Kommission hatten sich seinerzeit für die Aufnahme Griechenlands in die Währungsunion ausgesprochen. Der Druck aus Europa war enorm. Joachim Bitterlich, unter Kohl außen- und sicherheitspolitischer Berater im Kanzleramt, glaubt trotzdem, dass es mit dem Altkanzler anders gelaufen wäre. „Er hätte sich auf jeden Fall bemüht, eine Lösung zu finden. Wenn die Experten damals gesagt hätten, dass Griechenland nach wie vor nicht soweit ist, hätte er nicht gegen allen Rat zugestimmt.“

Die Griechen, erinnert sich Kohl heute, hätten noch während seiner Kanzlerschaft „gewaltigen Druck“ ausgeübt, um von Beginn an in der Euro-Zone dabei zu sein. „In den Verhandlungen zum Euro habe ich den Griechen meine ablehnenden Gründe immer deutlich gesagt und daran bis zuletzt festgehalten.“

Rund ein halbes Jahr bevor seine Regierung abgewählt wurde, erweckte Kohl jedoch einen anderen Eindruck. „Ich bin sicher, daß in den kommenden Jahren weitere Länder hinzukommen werden. Ich nenne nur Großbritannien, Schweden, Dänemark oder Griechenland“, sagte Kohl bei einer Rede am 8. Mai 1998, kurz nachdem die Einführung der Gemeinschaftswährung beschlossen war. Er grenzte Griechenland gar von Ländern wie der Tschechischen Republik, Polen oder Ungarn ab, die „in der weiteren Zukunft, wenn sie dazu in ihren Ländern die notwendigen Voraussetzungen geschaffen haben“ folgen könnten. Damit zählte der Altkanzler Griechenland in den Kreis jener Staaten, deren Volkswirtschaften als robust und Euro-tauglich bewertet wurden.

Für Joachim Bitterlich spiegelt sich darin ein Dilemma wider. „Er konnte die Griechen schlecht in dieser Aufzählung weglassen. Dann hätten alle gefragt, ob Kohl die Griechen nicht mehr wolle.“ Niemand habe sie aber als ernsthaften Kandidaten auf der Liste gehabt. Die Regierung von Konstantinos Simitis habe sich zwar bemüht, die Modernisierung Griechenlands voranzutreiben. Das Land sei aber noch lange nicht soweit gewesen. „Die eigentliche Diskussion innerhalb der deutschen Bundesregierung galt Italien“, sagt Bitterlich. Mitte und Ende der 90er Jahre war es lange Zeit fraglich, ob Rom die Auflagen erfüllen würde, um den Euro beitreten zu können.

Die Franzosen forderten schon damals eine Wirtschaftsregierung, einen „politischen Gegenpol zu EZB“, wie es Bitterlich nennt. „Für die Deutschen war das damals eine Art Kriegserklärung, da für Frankreich dahinter Dirigismus stand.“ Heute müssten wir einsehen, dass die Währungsunion der Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik bedarf. „Wenn wir ehrlich mit uns selbst gewesen wären, hätten wir mit dieser Frage schon damals anders umgehen müssen.“

1999 startete der Euro dann mit elf Ländern, ohne Wirtschaftsregierung und mit Wackelkandidat Italien. Griechenland musste sich noch zwei Jahre gedulden. Widerstand gegen den Beitritt Athens gab es von der Union erst spät. Im Mai 2000 warnte CDU-Mann Peter Hintze, damals europapolitischer Sprecher, dass die „Aufnahme Griechenlands zum jetzigen Zeitpunkt ein währungspolitisches Eigentor“ sei. Rot-Grün entschied anders, für den Unions-Abgeordneten Gerd Müller war das ein „schwerer Fehler“, wie er in einer Bundestagsdebatte im Juni 2000 sagte. Kohl äußerte sich in dieser Zeit zum Thema Griechenland übrigens nicht.

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