US-Wahlkampf: Wie Donald Trump seine Anhänger anstachelt
Donald Trump sieht sich durch Hillary Clintons E-Mail-Affäre gestärkt. Seine Anhänger und seine Gegner erwarten Konfrontationen nach dem 8. November
Seit mehr als hundert Jahren leben Araber im US-Staat Michigan – die älteste arabisch-amerikanische Gemeinschaft im Land entstand, als Einwanderer aus dem Nahen Osten nach Detroit kamen, um in den Autofabriken von Henry Ford zu arbeiten. Ihren Platz in der Gesellschaft haben die Araber von Michigan längst gefunden. Doch jetzt, kurz vor der Präsidentschaftswahl des Jahres 2016, blicken sie mit Angst auf ihre nicht-arabischen Nachbarn. Falls Donald Trump den Kampf um das Weiße Haus verlieren sollte, könnte es gewaltsame Auseinandersetzungen geben, befürchten sie. Und sie sind nicht die einzigen, die das erwarten.
Abed Ayoub aus Dearborn, einer Stadt bei Detroit, in der jeder dritte Einwohner arabische Wurzeln hat, fürchtet den Wahltag. Sollte Trump gegen Hillary Clinton unterliegen, sei es denkbar, dass Trump-Anhänger „uns angreifen“, sagte Aboud, Jurist des Arabisch-Amerikanischen Anti-Diskriminierungskomitees ADC, unserer Zeitung. „Schon jetzt gibt es Hassverbrechen gegen arabische Amerikaner.“ Hassan Jaber, Chef des Verbandes Access in Dearborn, der sich ebenfalls für Belange der arabischen Amerikaner einsetzt, beschreibt die Stimmung in der Volksgruppe mit einem einzigen Wort: „Angst.“
Amerika hat schon viele polarisierende Wahlkämpfe erlebt, aber noch nie war die Stimmung so hasserfüllt wie diesmal. Trump, der in den Umfragen rund fünf Prozentpunkte hinter Clinton liegt, spricht seit Wochen von angeblichen Wahlmanipulationen zugunsten Clintons und will das Ergebnis vom 8. November möglicherweise nicht anerkennen. Die Ankündigung der Bundespolizei FBI, erneut E-Mails von Clinton zu untersuchen, bestärkt Trumps nur noch. Er fordert, die ehemalige Außenministerin dürfe auf keinen Fall ins Weiße Haus gelangen. Dagegen spricht Clinton von einer möglicherweise politisch motivierten Aktion des republikanischen FBI-Direktors James Comey.
Unter radikalen Trump-Anhängern macht sich die Ansicht breit, dass eine Präsidentschaft Clintons mit allen Mitteln verhindert oder - wenn das nicht gelingt - frühzeitig beendet werden muss, notfalls mit Gewalt. „Viele Leute sind sauer und könnten die Dinge in die eigenen Hände nehmen“, sagte Trump-Wähler Richard Sabonjohn der „New York Times“. Ein anderer Trump-Anhänger, Jared Halbrook, sagte der Zeitung, im Falle eines Sieges von Clinton würden Leute wie er „alles tun, was getan werden muss“, um die Demokratin aus dem Präsidentenamt zu jagen, „weil sie dort nicht hingehört“. Ein dritter Trump-Bewunderer, Richard Pillath, sprach von einer „Revolution“.
Trumps Botschaften übertragen sich auf seine Anhänger
Trump tut nichts, um seine Anhängerschaft zur Mäßigung zu bewegen, im Gegenteil. Fast täglich heizt er die Stimmung mit neuen Brandreden gegen die angebliche Konspiration der politischen Eliten an. Seit einigen Tagen behauptet er, nicht nur das Ergebnis der Wahl am 8. November werde gefälscht, sondern auch die Resultate der Umfragen, die ihm im Schnitt einen Rückstand von fünf Prozentpunkten auf Clinton bescheinigen.
Die Realitätsverweigerung des Kandidaten der Republikaner überträgt sich auf seine Anhängerschaft. In einer kürzlichen Umfrage sagten zwei von drei der befragten republikanischen Wähler, Clinton könne nur mit Hilfe von Wahlmanipulationen gewinnen. Nur jeder zweite Republikaner will Clinton als Präsidentin anerkennen. Der demokratische Konsens, wonach sich der Wahlverlierer dem Votum der Wähler fügt, könnte am 8. November zerbrechen.
Das gilt auch für das Verhältnis zwischen einer Präsidentin Clinton und den Republikanern im Kongress. Der rechtsgerichtete Senator Ted Cruz kündigt schon jetzt eine Totalopposition gegen die Neubesetzung eines vakanten Richterpostens am Verfassungsgericht unter Clinton an. Andere Republikaner wollen sofort nach der Wahl mit Korruptionsermittlungen gegen Clinton beginnen. Diese Haltung offenbare ein „primitives“ Politikverständnis, nach dem der politische Gegner „vernichtet“ werden solle, kommentierte die „Washington Post“.
Vor diesem Hintergrund sind die Sorgen der arabischen Amerikaner verständlich. Sarab al Jijakli vom Verband NAAP hält insbesondere die Schwächsten der Gemeinschaft für gefährdet: Flüchtlinge und Kopftuchfrauen. „An einen 1,80-Meter-Mann wie mich trauen sich die Dumpfbacken nicht ran.“ In Kansas nahm die Polizei kürzlich mehrere militante Weiße - darunter mindestens einen Trump-Anhänger - fest, die am Tag nach der Wahl einen Bombenanschlag auf einen von somalischen Einwanderern bewohnten Apartment- und Moscheekomplex planten. In Los Angeles wurde ebenfalls ein Anschlag auf eine Moschee verhindert.
Hassan Jaber von Access in Dearborn ist sicher, dass der Wahltag keine Entwarnung bringen wird. „Dieser Hass und dieser Extremismus werden uns erhalten bleiben.“