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Einst nannte man ihn den engsten Berater von US-Präsident Donald Trump. Steve Bannon, der ehemalige "große Manipulator".
© imago/ZUMA Press

Ex-Berater von Trump: Wie aus dem Genie Bannon "Sloppy Steve" wurde

Das jähe Ende der steilen Karriere für Steve Bannon: Trump hat an seinem einstigen Berater und Freund ein Exempel in Sachen Loyalität und Familienehre statuiert.

Einmal Seelenmäuschen sein! Und dann frech herumtapsen im Inneren von Steve Bannon. Jetzt, gerade jetzt. Was fühlt der einstige Chefstratege von Donald Trump, früher tituliert als rechter Einflüsterer, Mephisto und Darth Vader? Als Nihilist, Apokalyptiker und „großer Manipulator“ (Titel-Geschichte des Time-Magazins). Fühlt er sich gedemütigt? Ist der ewige Rebell nun zerknirscht, einsam, verlassen, am Ende? Oder wird aus Zorn wieder trotziger Kampfesmut, das missionarisch lodernde Feuer in ihm erneut entfacht, weil ihm die Sache, die restaurative Revolution, wichtiger ist als alles andere? Ach, liebes Seelenmäuschen, vielleicht trifft ja beides zu, nur eben nicht zur selben Zeit.

Sicher ist das: Das Drama um den cholerischen und unberechenbaren 64-jährigen Mann – ehemalige Weggefährten bezeichnen ihn inzwischen auch als paranoid und schizophren – hat durch sein nicht ganz freiwilliges Ausscheiden bei Breitbart News eine weitere Wende genommen. Denn die rechtspopulistische Nachrichten-Website war nach Bannons Ausscheiden aus dem Weißen Haus im August vergangenen Jahres sein letztes Refugium, sein letztes Munitionsdepot. „Ich bin frei“, hatte er damals frohlockt, „nun habe ich meine Hände wieder am Abzug meiner Waffen.“

Er hatte, ein halbes Jahr lang. „Bannon und Breitbart arbeiten an einer glatten und ordnungsgemäßen Übergabe“, hieß es zum Abschied am Dienstag lapidar bei Breitbart. Man sei dankbar für das gemeinsam Erreichte. „Steve ist ein geschätzter Teil unseres Vermächtnisses.“ Es ist das jähe Ende einer steilen Karriere. Der einst engste Berater des mächtigsten Mannes der Welt hat jeden verprellt, auf den es ankam, zuletzt die konservative Milliardärsfamilie um Rebekah Mercer als Breitbart-Miteigentümerin. Das große Geld scheut die allzu große Radikalität.

Beginn der Feindschaft mit Trump

Aus dem Genie Bannon, der Trump maßgeblich zum Sieg über Hillary Clinton verholfen hatte und dessen Äußeres – kurze Cargohose, Dreitagebart, das lange, etwas strähnige Haar nach hinten gebürstet – auf Fans fast kultig wirkte, wurde „Sloppy Steve“, der schlampige Steve, wie Trump ihn zuletzt spöttisch nannte. Ein Lügner und Wichtigtuer. „Als er gefeuert wurde, verlor er nicht nur seinen Job, sondern auch seinen Verstand“, schrieb der Präsident in einer persönlichen Erklärung. Das war mehr als der definitive Bruch eines Bündnisses, es war der Beginn einer Feindschaft.

Das Fass für Trump zum Überlaufen gebracht hatten Äußerungen Bannons, wie sie im jüngst erschienenen Enthüllungsbuch „Fire and Fury“ des Journalisten Michael Wolff zitiert werden. Es geht um jenes berüchtigte Treffen von Donald Trump junior im Juni 2016, also in der Hochphase des Wahlkampfes, mit Emissären Russlands, die angeblich belastendes Material über Clinton liefern wollten. Dieses Treffen, meint Bannon, sei „Verrat, unpatriotisch und schlimmer Mist“ gewesen. Außerdem sei es unwahrscheinlich, dass Vater Trump daran nicht beteiligt gewesen sei. Die Russland-Affäre könne diesem noch gefährlich werden, sie gleiche einem „Hurrikan der Kategorie fünf, während Trumps Berater am Strand herumsitzen“. Die Untersuchung werde sich am Ende um Geldwäsche drehen, prognostiziert Bannon, und „sie werden Don Jr. im Fernsehen aufschlagen wie ein Ei“.

Trump soll getobt haben, als er davon hörte. Kein Wunder: Sonderermittler Robert Mueller, der vermeintlich illegale Verbindungen zwischen dem Trump-Lager und Russland untersucht, dürfte solche Bemerkungen als weitere Indizien werten. Wird Bannon, unter Eid von Mueller verhört, von diesem als Kronzeuge geködert? Ausgeschlossen ist bei der volatilen Gemütslage aller Beteiligten nichts mehr.

Bannon ist ein Überzeugungstäter

Doch noch tiefer als die persönlichen Animositäten gehen die ideologischen Divergenzen. Trump ist ein narzisstischer Populist, der in erster Linie geliebt, verehrt und bewundert werden will. Bannon dagegen ist ein Überzeugungstäter, der sagt, was er meint, Flexibilität und Pragmatismus für Schwäche hält. Dieser Grundgegensatz hat die Entfremdung zwischen beiden beschleunigt. Bei Trump fallen Wort und Tat zunehmend auseinander. Im Wahlkampf versprach er den Rückzug Amerikas von allen Krisenherden. Zu teuer seien die Interventionen, und sie führten zu nichts. Als Präsident kündigte er dann eine Truppenaufstockung in Afghanistan an und liebäugelt bis heute mit einem Militärschlag gegen Nordkorea.

Bannon, ein strenger Isolationist, findet das so falsch wie verwerflich. Nichts abgewinnen kann er auch den jüngsten Steuererleichterungen, die die Schuldenlast des Landes weiter erhöhen und vor allem den Reichen nützen. Dass Trump demnächst sogar am Weltwirtschaftsforum in Davos teilnehmen wird, dem Symbol der verhassten „globalen Elite“, und womöglich mit den Demokraten einen „großen Deal“ beim Thema Zuwanderung schließt, dürfte Bannon als weitere Zeichen einer galoppierenden Anbiederung Trumps an das Establishment deuten. Wer von beiden ist nun der Verräter? Das hängt vom Standpunkt ab.

Schockerfahrungen führten zu revolutionärem Elan

Bannons Weltsicht ist von zwei Daten geprägt – dem 11. September 2001 und dem 8. Oktober 2008. Islamistischer Terror und weltweite Finanzkrise. Aus diesen Schockerfahrungen entstand eine Art revolutionärer Elan. Seine Ziele sind seitdem der Sieg über den „islamischen Faschismus“ und die Zerschlagung der wichtigsten Institutionen der herrschenden Klasse, angefangen vom Parteienfilz bis hin zur Wall Street. Der alles umfassenden Krake des „tiefen Staates“ müssten die Arme abgehackt werden. Das klingt oft so links wie rechts. Der Furor gegen „System“ und „Establishment“ verbindet sich mit einem apokalyptischen Jargon, im Namen des kleinen, hart arbeitenden Mannes werden die Werte „radikaler Traditionalisten“ verteidigt.

Nun steht Bannon vor dem Nichts. Trump hat an ihm ein Exempel in Sachen Loyalität und Familienehre statuiert, das andere potenzielle Abtrünnige abschrecken soll. Der Stachel aber bleibt. In dem Maße, wie Trump seinen Frieden mit der Republikanischen Partei und anderen Institutionen des Landes schließt, womöglich sogar mit den Medien, lebt in Bannon jenes Uraufbäumen fort, das die Grundlage der populistischen Revolution war. Der Machthaber im Oval Office hat sich von der Reinheit der Lehre verabschiedet. Das könnte sich bitter rächen.

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