USA-Reise: Wenn sich Peer Steinbrück und Friedrich Merz auf ein Bier treffen
Friedrich Merz ist derzeit in den USA – und schweigt zum Streit in der CDU. Dafür plaudert er angeregt mit dem Ex-SPD-Finanzminister Peer Steinbrück.
Friedrich Merz winkt ab. Jetzt nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen.
Es ist eine ungewöhnliche Begegnung. Während die CDU in der Heimat rätselt, was aus der Attacke vor allem gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) folgt („grottenschlechte Regierung“), sitzt er neben einem, der schon mal Kanzlerkandidat für die SPD war, in der Boston Symphony Hall, einem imposanten Bau, für den das im Zweiten Weltkrieg zerbombte Leipziger Gewandhaus Modell gestanden hat.
Peer Steinbrück erzählt ihm nach dem Konzert beim Bier, was ein Sieg des Duos Norbert Walter-Borjans/Saskia Esken gegen Olaf Scholz/Klara Geywitz im Rennen um den SPD-Vorsitz bedeuten würden – es wäre wohl das Ende der Regierung. Genauso halten es SPD-Kenner aber auch für möglich, dass Scholz sich durchsetzt und im Gegenzug der Parteitag im Dezember aus Frust beschließt, dass die SPD die große Koalition aufkündigen soll.
Zuvor ist der nicht minder spannende CDU-Parteitag am 22./23. November in Leipzig – und Merz hat mit seiner Kritik an einer Diskursverweigerung der Kanzlerin in ein Wespennest gestochen. Der Sauerländer hat ein dickes Fell. Für einige ist es bezeichnend, dass Attacken auf ihn die Antwort sind, nicht aber eine Debatte darüber, ob das Agieren der Regierung mitverantwortlich ist für Debakel wie jüngst in Thüringen.
Steinmeier sagt Danke
Klar, in Sachen Kommunikation und Kanzleramt, kann Steinbrück einiges erzählen, beide sind in Boston, da sie an einer Konferenz an der Universität Harvard teilnehmen. Das gemeinsame Konzert des Boston Symphony Orchestra und des Gewandhausorchesters Leipzig ist ein Höhepunkt des Deutschlandjahres in den USA, das unter dem Motto „Wunderbar Together“ die transatlantischen Beziehungen fördern soll, jenseits aller Differenzen mit der Regierung von US-Präsident Donald Trump.
Es ist auch ein Höhepunkt des zweiten USA-Besuchs von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der zu Beginn „Danke Amerika“ sagt, vor allem auch für die Unterstützung vor 30 Jahren nach dem Mauerfall. Er macht um Washington und Trump einen Bogen, will die großen kulturellen Brücken stärken. Es gibt frenetischen Applaus.
Andris Nelsons ist sowohl Kapellmeister des Leipziger Gewandhausorchesters als auch Chefdirigent der Bostoner Musiker. Musik als universelle Brücke, egal wie schlecht die politischen Beziehungen sind.
Mittendrin Steinbrück und Merz, zwischen ihnen sitzt noch die FDP-Verteidigungsexpertin Agnes Strack-Zimmermann. Steinmeier lächelt, als Fotografen ein paar Reihen vor ihm die beiden Altvorderen von CDU und SPD treffen und ablichten. Er schweigt zu all den Ränkespielen, die je nach Ausgang schon bald ihn auf den Plan rufen und Entscheidungen Richtung Neuwahl erforderlich machen könnten.
Merz fordert einen Plan
Man darf gespannt sein, womit Merz Merkel und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer beim Parteitag in Leipzig piesacken wird – seit Wochen fordert er einen Plan, was diese Regierung noch schaffen will, wie man auf einen mögliche Wirtschaftskrise vorbereitet wäre. Schon ist ob der Streitigkeiten und internen Ränkespiele von einer Sozialdemokratisierung der CDU die Rede – Merz nimmt – wie Steinbrück vor seiner Kandidatur - für sich alle Beinfreiheit der Welt in Anspruch.
Parteiinterne Solidarität hin oder her. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte die Forderung von Merz nach einem vorzeitigen Ende von Merkels Amtszeit als Debatte bezeichnet, “die von älteren Männern geführt wird, die vielleicht nicht ihre Karriereziele in ihrem Leben erreicht haben". Merz lächelt dazu – und schweigt dazu vorerst.