Rechtspopulismus: Wenn rechts und Nation zum Widerspruch wird
Ob in der EU oder global: Rechte Parteien arbeiten eng zusammen. Eine Internationale der Nationalisten kann es trotzdem nicht geben. Ein Kommentar.
Gleich und gleich gesellt sich gern. Daher gibt es eine Internationale der Illiberalen, der Islamophoben, der Anti-Multikulturalisten, der Anti-Feministen, der Anti-Globalisten, der Establishment- und Elite-Gegner. Sie haben dieselben Ideen und Aversionen, imitieren gegenseitig ihre Strategien und knüpfen persönliche Bande. Aus solchen Kontakten ist längst ein dichtes Netz gewoben worden. Stephen Bannon webt mit, Wladimir Putin, Viktor Orban.
In Europa gilt der gemeinsame Auftritt von Frauke Petry, Marine Le Pen und Geert Wilders im Januar 2017 in Koblenz als Gründungsdatum einer solchen rechtspopulistischen Internationale.
Nur eines kann es nicht geben – die Internationale der Nationalisten. Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Das Treffen von Italiens Innenminister Matteo Salvini und Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hätte harmonisch sein können. Man teilt dieselbe Weltanschauung, dieselbe Abneigung gegen Migranten. Aber Ungarn schottet sich ab, während Italien von den EU-Partnern eine größere Aufnahmebereitschaft verlangt. Umverteilung, Quoten: Dagegen wettern Ungarn, Polen, Tschechien. Doch die Hauptaufnahmeländer, zu denen eben auch Italien gehört, klagen größere Solidarität ein.
Außerhalb Europas ist es ähnlich. Donald Trump und Recep Tayyip Erdogan zoffen sich kräftig, ebenso Trump und Xi Jinping. Beim Handel hört die Freundschaft ja bekanntlich auf. Auch Xi Jinping und Narendra Modi beargwöhnen sich. Je nationaler sie auftreten, desto offenkundiger werden ihre Rivalitäten. Trump, Xi, Modi, Putin, Erdogan, Orban, die polnische Pis: Sie eint so vieles. Sie gleichen sich in Gesten und Slogans, im Habitus und in ihrer Verachtung liberaler, rechtsstaatlicher Werte. Aber als Nationalisten streiten sie nun mal heftig für das, was sie für die Interessen ihres Landes halten. Das macht sie zu Konkurrenten.
Aus dem Römischen Gruß wurde der Hitlergruß
Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg schrieb Hannah Arendt einen Essay mit dem Titel „Antisemitismus und faschistische Internationale“. Denn die hatte es seit den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts gegeben. Zunächst schlossen sich Europas faschistische Parteien ohne Deutschland zusammen, dann Deutschland und Italien. Aus dem Römischen Gruß wurde der Hitlergruß. Als Kitt dienten Antisemitismus und Rassenideologie.
Doch Faschismus und Nationalismus vertragen sich schlecht. Sie können sogar in einen Gegensatz treten. Der Faschismus, schreibt Hannah Arendt, sei eine gegen die Nation gerichtete internationale Bewegung gewesen. Die Nazis hätten nicht das Wohl ihres Volkes im Auge gehabt, seien weder von nationalen Gefühlsregungen noch menschlichen Skrupeln geplagt gewesen. Gewissermaßen opferten sie die Nation dem Faschismus, „sie ließen ihr Land in ein Chaos stürzen“, verwandelten Deutschland in einen Trümmerhaufen.
Eine Internationale von Nationalisten muss auch heute an ihren Antagonismen scheitern. Doch ein Trost ist das nicht. Handelskriege können eskalieren, der Flüchtlingsstreit kann die EU spalten. Dass aber die Ausbreitung des Rechtspopulismus als globale Bewegung durch den Nationalismus womöglich gebremst wird, ist zumindest eine kleine gute Nachricht.