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Rassistische Klischees? Dieser Chinese soll nicht mehr mit Stäbchen essen dürfen. Blick in Dr. Seuss' "On Beyond Zebra!", das in den USA vom Markt genommen wird.
© AFP

Die Wachsamen und die Überwachsamen: Wenn Kinderbücher nicht zum Zeitgeist passen

In den USA wird einer der erfolgreichsten Kinderbuchautoren wegen politischer Unkorrektheit aus dem Programm genommen. Eine Zwischenruf.

Ein Zwischenruf von Barbara John

Wer, wie ich, Verwandte mit kleinen Kindern in den USA hat, der kennt wahrscheinlich auch Bücher von Dr. Seuss (Pseudonym für Theodor Geisel). Er war einer der erfolgreichsten Kinderbuchautoren weltweit mit 30 Büchern in einer Gesamtauflage von mehr als 600.000 Millionen in 20 Sprachen.

Weltweit fanden sie auch viele Fans beim frühen Englischlehren und -lernen. So gut passten die skurrilen Illustrationen überein mit den gereimten Versen, dass sie sich leicht einprägten und den Wortschatz spielend erweiterten. Ein Beispiel aus dem Buch "The Cat in the Hat": Bruder und Schwester langweilen sich grässlich an einem Regentag (heute könnte es Corona sein) und klagen: "So all we could do was to Sit!, Sit!, Sit! And we did not like it. Not one little bit".

Aber nun ist der Autor in die Verbannung geschickt worden. Weil er in einigen seiner Bücher Menschen in verletzender und irriger Weise darstelle. So die Mitteilung der US-Firma Dr. Seuss Enterprise, die das Werk des 1991 verstorbenen Schriftstellers verwaltet. Dem waren Beschwerden von Autorenkolleg:innen und einigen Bibliothekaren vorausgegangen.

Der Verkauf von sechs Büchern wurde wegen bildlicher rassistischer Anklänge sofort eingestellt. Konkret war in dem Buch „Mulberry Street“ ein Chinese mit einem Spitzhut, Stäbchen und Schlitzaugen dargestellt worden. In „The Cat in the Hat“ wurde eine Katze als Teil einer als fahrenden Musikantengruppe interpretiert.

Spürnasen für jede Diskriminierung

Ob es der Firma gelingt, die Mehrzahl der Bücher am Markt zu halten, bleibt abzuwarten. Man könnte nun den Spürnasen für die Offenlegung von vermeintlichen, manchmal auch tatsächlich diskriminierenden, Darstellungen in öffentlich zugänglichen Dokumenten, mit Obama zurufen: „Seid nicht so ,woke’ (wachsam), nur um euch wohl fühlen hilft, weil ihr jemanden angeprangert habt.“

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Das ist zu einfach. Die Welt ist mehrdeutig.

Ich drehe den Spieß um und rufe: „Antifeministische Aktivisten, nehmt euch mal Janosch vor!“ Erfolgreicher und heißgeliebter Autor (auch von mir). Auflage: mehr als fünf Millionen Bücher.

In der „Gänse-Oper“ erzählt er, wie ein Fuchs vom angeblich schwachen Federvieh überlistet und zu Tode gehetzt wird. Schließlich wird ihm noch das Fell über die Ohren gezogen. Das tragen die frierenden Gänse dann im Winter als wärmende Trophäe.

Wenn das kein als Kinderkram verschleierter Aufruf ist, euch das Mann-Sein zu vergällen, euch mit ihren Tändeleien und Ansprüchen fertig zu machen, um schließlich mächtiger zu sein als ihr. Seid mal lieber endlich woke!

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