Hintergrund: Wenn der Whistleblower pfeift
Was ist Verrat, was ist Enthüllung? Und was heißt eigentlich "Whistleblower"? Ein Hintergrundstück - von Watergate bis Wikileaks.
Eine korrekte Übersetzung für den „Whistleblower“ gibt es nicht. Er ist eine Art Hinweisgeber, einer, der auf Missstände, auf Korruptionen oder Sicherheitsmängel hinweist. Das kann er öffentlich tun oder anonym. Der Ursprung des Begriffs ist ebenfalls nicht eindeutig geklärt. Vermutlich geht er auf britische Polizisten zurück, die mit ihren Trillerpfeifen auf Gefahren oder Verbrechen hingewiesen haben. Es könnte aber auch die Pfeife des Fußball-Schiedsrichters gemeint sein, der auch mit einem Pfiff Regelverstöße kennzeichnet.
Klar ist aber, dass diese Personen mit Strafen und persönlichen Konsequenzen rechnen müssen. Vielleicht der berühmteste „Whistleblower“ ist der ehemalige FBI-Vizedirektor Mark Felt – besser bekannt als „Deep Throat“. Erst 2005 wurde seine wahre Identität geklärt. Seine verdeckten Hinweise in der berühmten „Watergate-Affäre“, die vor allem die Berichterstattung der beiden Journalisten Bob Woodward und Carl Bernstein in der „Washington Post“ stützten, führten im Endeffekt 1974 zum Rücktritt des damaligen US-Präsidenten Richard Nixon. Felt starb 2008 im Alter von 95 Jahren.
Und Nixon hatte es auch noch mit einem anderen berühmten „Whistleblower“ zu tun: Daniel Ellsberg. Er war jahrelang Mitarbeiter im amerikanischen Verteidigungsministerium und kopierte dort 7000 Seiten geheimer Dokumente. Diese belegten die wahre Haltung verschiedenster US-Präsidenten zum Vietnamkrieg und zeigten, dass die Öffentlichkeit bewusst falsch über die Erfolgsaussichten in Vietnam informiert wurde. 1971 spielte er diese „Pentagonpapiere“ der „New York Times“ und der „Washington Post“ zu, die diese Schriftstücke teilweise abdruckten.
Viele Nationen haben ihre Whistleblower, manche bleiben für immer getarnt. Auch deutsche Affären wie die Spiegel-Affäre 1962, die Flick-Affäre 1982 und die Parteispendenaffäre der CDU 1999 wären ohne „Whistleblower“ wohl kaum aufgedeckt worden. In Großbritannien war es 2009 ein namentlich unbekannter Regierungsbeamter, der die Spesenpraktiken britischer Abgeordneter „verpfiffen“ hat. Täglich druckte der „Daily Telegraph“ Rechnungen ab, die belegten, wie Spesen missbraucht wurden.
Gegenwärtig ist Bradley Manning der bekannteste „Whistleblower“. Der 23-jährige US-Soldat soll mindestens einen Teil der geheimen US-Depeschen Wikileaks zugespielt haben. Nur im Gegensatz zu seinen Vorfahren Felt und Ellsberg sitzt er in Untersuchungshaft, muss mit einer Haftstrafe von mehr als 50 Jahren rechnen und gilt nicht als Volksheld.