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Eine Wählerin mit Kopftuch in einem Wahllokal in Berlin-Kreuzberg.
© Maja Hitij/dpa

Den Glauben vor Beleidigung schützen: Welche Werte haben Deutsche mit und ohne Migrationshintergrund?

Wahlverhalten im Wandel: Migranten aus der Türkei verlassen die SPD und gehen zur Union, Migranten aus Russland zieht's in die AfD.

Eine Mehrheit der in Deutschland lebenden Ausländer meint, dass der Staat ihren Glauben besser vor Beleidigung schützen sollte. Besonders hoch ist der Anteil von Muslimen, die dieser Aussage zustimmen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Analyse der Konrad-Adenauer-Stiftung. Untersucht wurden Werte und Einstellungen von Deutschen mit und ohne Migrationshintergrund (MH) sowie in Deutschland lebenden Ausländern sowie deren Wahlverhalten. Als Person mit Migrationshintergrund gilt, wenn diese Person selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde.

Insgesamt zeigen sich in der Einstellung zu demokratischen Werten kaum Unterschiede zwischen Deutschen, Deutschen mit MH und in Deutschland lebenden Ausländern. Sie sind überwiegend zufrieden mit der Demokratie – Ausländer zu 65 Prozent, Deutsche MH zu 58 Prozent und Deutsche ohne MH zu 50 Prozent. Dabei nimmt diese Zufriedenheit bei Migranten ab, je länger sie in Deutschland leben. Im Vergleich zum Herkunftsland schneidet das politische System in Deutschland sehr gut ab.

Zufrieden mit der Demokratie

Gibt es in einer demokratischen Gesellschaft Konflikte, die mit Gewalt ausgetragen werden müssen? Diese Frage bejahen Deutsche mit MH (14 Prozent) und Ausländer (17 Prozent) öfter als Deutsche ohne MH (8 Prozent). Am stärksten fällt die Zustimmung bei russischstämmigen Ausländern aus (21 Prozent). Kaum Unterschiede im Vergleich der untersuchten Gruppen zeigen sich bei der Frage nach der Bedeutung von gleichen Rechten für Frauen und Männer.

Auch die Meinungs- und Glaubensfreiheit wird von allen Gruppen im gleichen Maße als wichtig erachtet. Allerdings wird die positive Haltung dazu zum Teil  eingeschränkt durch die Forderung nach einem besseren Schutz des Glaubens gegen Beleidigung. Das fordern 32 Prozent der Deutschen mit MH und 40 Prozent der Ausländer. Bei Deutschen ohne MH sind es 14 Prozent. Besonders stark ausgeprägt ist diese Forderung bei Muslimen (60 Prozent). Im Vergleich: 18 Prozent der Katholiken und 15 Prozent der Protestanten wollen ihren Glauben besser geschützt haben.

Bindung an Parteien ist "brüchig" geworden

Das Wahlverhalten der untersuchten Gruppen deutet auf ein extrem hohes Maß an Volatilität hin. Die einstige Faustregel, der zufolge Spätaussiedler für die Union und Türkischstämmige für die SPD votieren, muss revidiert werden. Im Vergleich der Jahre 2015 zu 2019 büßt die Union stark bei russischstämmigen Migranten ein (Rückgang von 56 auf 29 Prozent), legt aber noch stärker bei türkischstämmigen Migranten zu (von 17 auf 53 Prozent). Bei eben dieser Gruppe der türkischstämmigen Migranten geht die Zustimmung für die SPD von 50 auf 13 Prozent zurück.

Die AFD wiederum profitiert massiv von den Abwanderungen aus der Union. Ihr Anteil bei (Spät)Aussiedlern stieg von 3 auf 16 Prozent, bei russischstämmigen Migranten gar von 2 auf 29 Prozent. Die feste Anbindung an Parteien von Spätaussiedlern und Deutschen mit MH sei „brüchig geworden“, heißt es bilanzierend in der Studie, die Gruppen verfügten mittlerweile über „eine hohe parteipolitische Mobilität“.

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