Sicherheit geht immer vor: Welche Lehren Israel aus dem Terror gezogen hat
In Israel gehört die Bedrohung durch Terrorismus seit Jahrzehnten zum Alltag. Zur Gefahrenabwehr setzt der Judenstaat dabei auch auf umstrittene Maßnahmen. Mit Erfolg.
Paris, Istanbul, Brüssel, Nizza, Ansbach – schon seit einiger Zeit fragen sich viele Israelis: Kann man in Europa überhaupt noch Urlaub machen? Der einst so sicher scheinende Kontinent wirkt von Jerusalem oder Tel Aviv aus betrachtet wie ein neues Aufmarschgebiet für militante Extremisten.
Nicht zuletzt, weil Europa immer noch nicht die richtigen Konsequenzen aus den Anschlägen gezogen habe. Israel hat dagegen – gezwungenermaßen – reichlich Erfahrung bei der Abwehr von Terror. Und Methoden entwickelt, die zwar sehr wohl kritisiert, aber von einer Mehrheit der dort lebenden Menschen nicht gänzlich infrage gestellt werden.
Etwa die gezielte Tötung von Terroristen. Laut dem früheren Mossad-Chef Danny Yatom wird dazu von den Geheimdiensten eine Liste mit Terroristen zusammengestellt. „Wir schauen dabei weniger auf die Taten, die sie in der Vergangenheit verübt haben, sondern vielmehr darauf, welche Anschläge sie in der Zukunft planen.“ Haben sich die Geheimdienste geeinigt, muss die Liste vom Verteidigungsminister und vom israelischen Ministerpräsidenten abgenickt werden.
Bevor es letztlich zur Tötung komme, sei wiederum viel Arbeit der Geheimdienste gefragt: „Wir müssen uns absolut sicher sein, dass die Person, die getötet werden soll, sich auch tatsächlich an dem Ort befindet. Denn andernfalls drohe nicht nur das Scheitern des Einsatzes, sondern schlimmstenfalls auch der Tod von Unbeteiligten.
Eine andere, nicht weniger umstrittene Maßnahme gegen Terroristen ist die sogenannte Administrationshaft. Diese Form der Haft ermöglicht es Israel, Terrorverdächtige ohne Anklage nur aufgrund geheimer Ermittlungsergebnisse für jeweils verlängerbare Zeiträume von sechs Monaten festzuhalten.
Die Behörden setzen außerdem auf das „Racial Profiling“, also das systematische Kontrollieren von Menschen, die einer bestimmten Ethnie, Rasse oder Religion angehören. Zum Tragen kommt diese in Amerika und Europa als rassistisch gerügte Methode vor allem beim Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv. Israelische Sicherheitsleute setzten dort bewusst auf das persönliche Gespräch.
Passagiere müssen vor dem Check-in Auskunft geben über den Anlass ihrer Reise, was sie vorhaben oder ob sie jemanden in Israel und den Palästinensergebieten kennen. Wirkt ein Befragter nervös, gestresst oder verstrickt sich gar in Widersprüche, kann die Unterhaltung ziemlich lange dauern. Dass gerade Muslime und Araber besonders scharf befragt werden, empfinden diese als Diskriminierung. Die Sicherheitskräfte wiederum verweisen darauf, dass selbstverständlich nicht jeder Muslim als möglicher Terrorist gelte. Aber viele Attentäter nun mal Islamisten seien.
Übrigens: Der Datenschutz ist in Israel selten ein Streitpunkt. Sicherheit geht immer vor.