Hauptstadtflughafen: Welche Folgen der Rücktritt von Mehdorn für den BER hat
Flughafenchef Hartmut Mehdorn gibt auf. Warum jetzt? Wird jetzt alles noch teurer? Lesen Sie hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.
Warum ist Hartmut Mehdorn jetzt zurückgetreten?
Selten hat ein Manager so viel Kritik und Misstrauen eines Aufsichtsrats einstecken müssen wie Hartmut Mehdorn in den vergangen Wochen. Mehr oder weniger offen war diskutiert worden, ob sein Anfang 2016 auslaufender Vertrag verlängert werden soll oder nicht. Und hier ist Mehdorn empfindlich. Er habe zur Kenntnis nehmen müssen, „dass im Aufsichtsratsumfeld Spekulationen zu meiner Person angestellt wurden, die das für mich vertretbare Maß überstiegen. Ich bedauere meinen Rücktritt persönlich sehr, da er weder meinem Pflichtbewusstsein noch meinen persönlichen Zielen entspricht. Der Schritt ist für mich aber in Abwägung der Gesamtlage notwendig geworden“, erklärte Mehdorn. Dass Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, Berlins Regierender Michael Müller (beide SPD) und der Aufsichtsrat des Bundes Rainer Bomba (CDU) ein Gespräch mit einem potenziellen Nachfolger vereinbart hatten – damit war die Grenze für Mehdorn überschritten. Der Termin, der dann platzte, war übrigens am Montag – der Tag seiner Rücktrittsankündigung. In Rage gebracht hatte ihn zudem der auf Betreiben des Bundes gefasste Beschluss, seine Arbeit durch unabhängige Dritte bewerten zu lassen. Hier soll es dem Vernehmen nach allerdings in vertraulichen Gesprächen einen Kompromiss gegeben haben.
Muss auch der Aufsichtsrat Konsequenzen ziehen?
Der Aufsichtsrat muss die Geschäftsführung kontrollieren, er muss ihr aber auch vertrauen – und das deutlich zeigen. Im Tagesspiegel-Interview vor wenigen Tagen hatte Mehdorn sich noch bitter darüber beklagt, dass dieses Vertrauen gefehlt habe. „Entweder der Aufsichtsrat traut seiner Geschäftsleitung oder er sucht sich eine neue, tauscht sie aus. Dazwischen gibt es nichts“, sagte Mehdorn. Ein neuer Vorsitzender des Gremiums, der nach dem Rücktritt von Klaus Wowereit (SPD) noch gesucht wird, hat die Chance, bei Mehdorns Nachfolger einiges besser zu machen. Und die Gesellschafter müssten endlich an einem Strang ziehen und nicht länger gegeneinander arbeiten.
Wer wird ihm nachfolgen?
Dass niemand den Job machen will, ist ein Gerücht. Kandidaten, die auch wollen, gebe es gleich mehrere, heißt es in der Branche. Genannt wurden in der Vergangenheit immer wieder zwei Namen: Michael Garvens, der Chef des Flughafens Köln/Bonn ist, und Thomas Weyer, der Technische Geschäftsführer des Flughafens München. Mit Garvens war bereits ein Spitzengespräch vereinbart worden. Weyer war bis 2008 als Technischer Geschäftsführer der Flughafengesellschaft für den BER-Ausbau zuständig, der damals noch im Zeit- und Kostenplan lag. Und um Chef im München zu werden, muss er sich noch gedulden. Dort hat der Aufsichtsrat den Vertrag mit Airport-Chef Michael Kerkloh jetzt vorzeitig um zwei Jahre bis Ende 2018 verlängert. So sieht Vertrauen aus.
Welche Auswirkungen hat das auf die Bautätigkeit am Flughafen?
Ziemlich sicher keine. Um den Bau kümmert sich seit Sommer der Ex-Siemens- Manager Jörg Marks. Er war von Mehdorn geholt worden. Und mit ihm ist es immerhin innerhalb eines Jahres gelungen, den neuen Eröffnungstermin festzulegen – spätestens Ende 2017 soll es so weit sein. Der Inbetriebnahmefahrplan, den Marks erarbeitet hat und vortrug, sei substanziell, seriös, anders als viele Powerpoint-Präsentationen des Flughafens vorher, heißt es im Aufsichtsrat. Sonst hätte sich das Aufsichtsgremium nicht überzeugen lassen, doch bereits einen neuen Eröffnungstermin zu nennen.
Wird sich die Eröffnung jetzt noch einmal verzögern?
Dafür gibt es derzeit keine Anzeichen. Und wenn, dann nicht wegen des Mehdorn-Abfluges, das hängt nicht in erster Linie von der Person des Chefmanagers der Flughafengesellschaft ab. Entscheidender ist, dass es jetzt wieder einen verbindlichen, beschlossenen Eröffnungsfahrplan gibt. Auf der Baustelle sei damit wieder Druck auf dem Kessel, es gebe Klarheit für Firmen, Gutachter, Behörden, hieß es nach der Aufsichtsratsitzung. Trotzdem sind gerade bei diesem Projekt, wie die pannenreiche Geschichte zeigt, Rückschläge nicht ausgeschlossen. Denn aktuell ist erst ein Bruchteil der Sanierung der Entrauchungsanlage und der in den Hektikmonaten vor der geplatzten Eröffnung 2012 verpfuschten Kabeltrassen und Deckenhohlräume, in denen sich die Gebäudeausrüstung verbirgt, abgearbeitet. Nach der aktuellen Präsentation des BER-Plans von Technikchef Jörg Marks für die letzte Sitzung des Aufsichtsrats und die Medien sind aktuell 42 Prozent der Trassen saniert, im August waren es 32 Prozent. Beim baulichen Brandschutz sind 32 Prozent erledigt (August: 20 Prozent). Mancher Pfusch wird erst sichtbar, wenn man hinter die Mauern guckt. Zum Termin seines Rücktritts, im Juli 2015, soll aber die nächste Hürde bereits genommen sein – dann sollen die Planungen für den Umbau der Entrauchungsanlage vorliegen.
Wird der Flughafen durch den Rücktritt noch teurer?
Er wird teurer, so oder so. Die zuletzt bewilligten 1,1 Milliarden Euro, mit denen sich die Kosten auf 5,4 Milliarden erhöhen, reichen nicht. Bei der EU soll vorsorglich gleich die Genehmigung für 2,2 Milliarden beantragt werden. Mehrkosten gibt es wegen des Zeitverzugs, der nötigen Erweiterungsinvestitionen, aber auch zur Finanzierung von Krediten.
Wie reagiert die Politik?
Bedauern war nicht zu hören. Viele zollten Mehdorn Respekt, mehr nicht. Und vor allem die Opposition warf ihm vor, mit dem Abarbeiten der immer noch vorhandenen Mängel nicht vorangekommen zu sein.