Stockende Verkehrswende: Was Radler mit dem Leben bezahlen
Ein aktuelle Statistik zeigt: Das Fahrrad ist das tödlichste Verkehrsmittel. Die Radler bekommen die Versäumnisse der Verkehrswende zu spüren. Ein Kommentar.
Es ist das umweltfreundlichste und flexibelste und eines der günstigsten Verkehrsmittel: das Fahrrad. Allerdings auch das tödlichste, wie eine aktuelle Statistik zeigt. 2018 sind in Deutschland 445 Fahrradfahrer zu Tode gekommen, 63 Radler mehr als im Vorjahr und damit innerhalb eines Jahres so viele wie seit 2009 nicht mehr.
Besonders dramatisch: Im gleichen Zeitraum sank die prozentuale Todeszahl bei Fußgängern, Auto- und Motorradradfahrern. Während also der motorisierte Straßenverkehr unter dem Strich sicherer wurde, gilt das für Radfahrer nicht. Sie ziehen beim täglichen Kampf um den öffentlichen Raum auf der Straße den Kürzeren. Das belegt der Blick auf die Unfallursachen: In 80 Prozent der Fälle führten Kollisionen mit Kraftfahrzeugen beim Einbiegen, Kreuzen oder Abbiegen zum tödlichen Unfall.
Die steigende Zahl der Radfahrer – so nahm in Berlin die Zahl von 2017 auf 2018 um neun Prozent zu – kann also nicht als alleiniger Grund für die traurige Statistik ins Feld geführt werden. Was fehlt, sind fahrradgerechte Infrastrukturen. Während die Verkehrswende in den Köpfen der Menschen längst stattgefunden hat, ist sie bei den Verkehrspolitikern noch nicht angekommen.
Dieses Versäumnis bezahlen Zweiradfahrer mit dem Leben. Nötig wären durch Poller von der Autostraße abgetrennte Radwege und ein verpflichtender Abbiegeassistenten für Pkw und Lkw. Und: Dem Zweirad muss generell mehr Platz in der Stadt eingeräumt werden. Andernfalls wird die Zahl der Unfälle weiter steigen – zumal die schmalen Radwege seit der Zulassung von E-Tretrollerfahrern in Deutschland noch umkämpfter sind als zuvor.