First Lady der USA: Was macht eigentlich Melania Trump?
Nach der Amtseinführung ihres Mannes war sie völlig abgetaucht. Jetzt sieht man die Frau des US-Präsidenten von Zeit zu Zeit wieder. Welche Rolle Melania Trump spielt.
Sie tat, was sie konnte und lächelte ein bezauberndes Lächeln, aber es reichte nicht, um die Kameraleute von ihrem Mann abzulenken. Als Melania Trump kürzlich an der Seite ihres Gatten bei einem Wohltätigkeitsball in Florida erschien, war das einer der seltenen Auftritte des aus Slowenien stammenden Ex-Models in ihrer neuen Rolle als First Lady. Doch die Journalisten interessierten sich vor allem für das zornige Gesicht von Donald Trump, der seine Wut über den Einspruch der Justiz gegen sein umstrittenes Einreiseverbot nur schwer verbergen konnte.
Dabei war es eine kleine Sensation, dass Melania Trump an jenem Wochenende überhaupt in Florida erschien. Nachdem die 46-Jährige im Januar in einem blauen, an ihre legendäre Vorgängerin Jackie Kennedy erinnernden Kostüm an der Amtseinführung ihres Mannes in Washington teilgenommen hatte, war sie aus der Öffentlichkeit abgetaucht. Statt im Weißen Haus lebt Melania Trump im New Yorker Trump Tower und kümmert sich um ihren zehnjährigen Sohn Barron, der in Manhattan zur Schule geht.
Mit dieser Entscheidung gegen Washington und gegen das Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit bricht sie mit der Tradition ihrer Vorgängerinnen. Michelle Obama wurde als erste afroamerikanische First Lady zum Vorbild von Millionen Frauen, ließ neben dem Weißen Haus einen Gemüsegarten anlegen, um auf die Bedeutung von gesunder Ernährung hinzuweisen, und mischte im Wahlkampf mit. Laura Bush kümmerte sich um Probleme wie Analphabetismus und Krebs. Hillary Clinton arbeitete im Auftrag ihres Mannes Bill an einer Gesundheitsreform – zu der es damals nicht mehr kam – und startete nach ihrer Zeit im Weißen Haus als Senatorin, Außenministerin und Präsidentschaftskandidatin selbst eine politische Karriere.
Das Weiße Haus hat sie erst wenige Male von innen gesehen
Solche Ambitionen scheinen Melania Trump fremd zu sein. Selbst bei der Ernennung ihres eigenen Stabes im Präsidentensitz lässt sie sich so viel Zeit, dass der Eindruck entsteht, ihr liege nicht besonders viel an ihrer Rolle in der Hauptstadt, dafür aber umso mehr an ihrem 100-Millionen-Dollar-Penthouse im Trump Tower. In Washington stapelten sich mittlerweile tausende unerledigte Anfragen von Prominenten und weniger Prominenten, die von der First Lady ins Weiße Haus eingeladen werden wollten, meldete die „New York Times“.
Den Amtssitz des Präsidenten hat Melania Trump bisher nur wenige Male von innen gesehen. Mit Michelle Obama plauderte sie nach der Wahl über das Leben im Weißen Haus, und am Tag der Amtseinführung ihres Mannes kam sie noch einmal zum Tee vorbei. Die klassischen Aufgaben der Präsidentengattin werden derzeit von ihrer Stieftochter Ivanka erledigt, deren Mann Jared Kushner ein einflussreicher Berater Trumps im Weißen Haus ist. So begleitete Ivanka ihren Vater kürzlich, als dieser den Sarg eines bei einem Angriff auf Al Qaida im Jemen getöteten amerikanischen Elitesoldaten in Delaware bei Washington in Empfang nahm.
Trump-Beraterin Kellyanne Conway nannte Ivanka – und nicht Melania – „die prominenteste Frau“ in der Umgebung des Präsidenten. Der 70-Jährige selbst kritisierte per Twitter die Entscheidung der Kaufhauskette Nordstrom, die Mode-Kollektion von Ivanka Trump wegen mangelndem Kundeninteresse aus dem Sortiment zu nehmen. Conway forderte die Amerikaner öffentlich auf, Ivanka-Mode zu kaufen.
„Wird Ivanka die einflussreichste Präsidententochter seit Jahrzehnten sein?“, fragt die Zeitung „USA Today“ bereits. Schon vor Trumps Vereidigung habe Ivanka mehr im Rampenlicht gestanden als Melania. Die 35-jährige Trump-Tochter soll das öffentliche Image der Regierung prägen, während ihre Stiefmutter zurückgezogen in New York lebt. Kate Andersen Brower, Autorin eines Buches über Präsidentengattinnen, sagte der Zeitung, Ivanka spiele eine Schlüsselrolle. „Wenn sie anruft, geht er immer ran“, sagte Brower über Ivanka und ihren Vater. „Sie ist seine Top-Beraterin, er respektiert ihre Einschätzungen – und sie nimmt ihm ein wenig die Schärfe.“
Während Ivankas Stern aufgeht, sind Versuche von Melania Trump, ihr öffentliches Profil zu schärfen, nicht immer geglückt – vielleicht ist auch dies ein Grund dafür, dass sie sich so zurückhält. Ihre Rede beim Parteitag der Republikaner im vergangenen Sommer, in der sie ihren Mann als idealen Präsidenten anpreisen sollte, geriet zum Fiasko, weil sich herausstellte, dass sie große Teile der Ansprache bei Michelle Obama abgekupfert hatte.
Zunächst hatte Trump die Parole verbreitet, Melania und Barron planten nach seinem Amtsantritt regelmäßige Besuche in der Hauptstadt. Bisher trat Frau Trump die neunzigminütige Reise vom Trump Tower zum Weißen Haus aber nur selten an. Am vergangenen Freitag etwa war die First Lady zwar in Washington – aber nur, um mit ihrem Mann und dem japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe und dessen Frau Akie übers Wochenende zum Feriensitz der Trumps nach Florida zu jetten.
Bei Trump gibt es keine Gespräche an der Familientafel
Wie sich die häufige Abwesenheit seiner Frau im Alltag auf den um 24 Jahre älteren Präsidenten auswirkt, ist unklar. Barack Obama legte Wert auf ein einigermaßen normales Familienleben und gemeinsame Abendessen mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern, auch wenn er sich anschließend noch einmal zum Aktenstudium zurückzog. Hin und wieder wurden Freunde und Schulkameraden der Präsidententöchter zu Partys ins Weiße Haus eingeladen.
Bei Trump gibt es keine Gespräche an der Familientafel und keine Besuche von Freunden seines Sohnes Barron. In einigen Medienberichten heißt es, der Präsident sitze bis spätabends vor dem Fernseher oder tigere im Bademantel durchs Weiße Haus.
Trump sagte in einem Interview, er nutze die Zeit, die er normalerweise mit seiner Gattin verbringen würde, zum Arbeiten. Nach eigenen Angaben wühlt er sich jeden Tag bis Mitternacht durch Akten und Vorlagen und steht um fünf Uhr morgens auf, um die Zeitungen zu lesen. Zumindest der frühe Tagesbeginn Trumps kann als verbürgt gelten, denn die amerikanische Öffentlichkeit wird fast täglich in den Morgenstunden mit neuen Twitter-Mitteilungen ihres Präsidenten konfrontiert.
Wenn Melania Trump gehofft haben sollte, dass ihre Abwesenheit in Washington ihr mehr Ruhe verschaffen würde, dann hat sie sich getäuscht. Dass die Frau und der Sohn des Präsidenten in New York sozusagen einen zweiten Wohnsitz bezogen haben, erfordert aufwendige – und teure – Maßnahmen zu ihrem Schutz. Steuergelder in Millionenhöhe würden verpulvert, nur weil die neue Präsidentengattin das Weiße Haus verschmähe, nörgeln Kritiker. In einigen Medienberichten hieß es, der Staat gebe für den Personenschutz für Melania und Barron im Jahr mehr als für die finanzielle Unterstützung der Künste, die bei 150 Millionen Dollar im Jahr liegt.
Obwohl diese Summe stark übertrieben sein dürfte, hält die Kritik an. In sozialen Medien machen Fotos die Runde, die Melania umringt von Leibwächtern beim Shopping in New York zeigen. Kriegsveteranen müssten auf der Straße schlafen, während die feine Dame einkaufen gehe, heißt es in wütenden Kommentaren.
Ungewöhnlich für eine First Lady ist nicht nur die geografische Distanz zum Weißen Haus. Laut Medienberichten hat sich die Präsidentengattin auch in einen neuen Rechtsstreit gegen die Mutterfirma der britischen Zeitung „Daily Mail“ gestürzt. Sie verlangt demnach 150 Millionen Dollar, weil sie von dem Blatt in einem inzwischen zurückgezogenen Bericht mit einer angeblichen Callgirl-Agentur in Verbindung gebracht worden sein soll.
Nur langsam stellt die First Lady ihr eigenes Team zusammen
Nicht gerade normal sind aus Sicht mancher Beobachter auch die Argumente, die Melania Trump vor Gericht vorbringt: Die Callgirl-Behauptungen könnten ihren Geschäftsinteressen als „einer der am häufigsten fotografierten Frauen der Welt“ schaden, hieß es laut der „Washington Post“ in Gerichtsunterlagen zu dem Fall. Richard Painter, ein Ethik-Experte unter Präsident Bush, sagte der Zeitung, es sei das erste Mal, dass eine First Lady andeute, mit ihrer Rolle als Präsidentengattin viel Geld verdienen zu wollen.
Unterdessen heizt Melanias Unsichtbarkeit in der Öffentlichkeit die Gerüchteküche in Washington an. Bisher galt es als ausgemacht, dass die Präsidentengattin und Sohn Barron nach dem Ende des laufenden Schuljahres im Sommer dauerhaft nach Washington übersiedeln werden. Inzwischen gebe es aber Zweifel an diesem Plan, heißt es in Medienberichten. Möglicherweise werde Melania für die ganze Dauer der Präsidentschaft ihres Mannes in New York bleiben. Das Klatschmagazin „Us Weekly“ meldete, das Präsidentenpaar werde erst im Sommer entscheiden, wie es weitergehen solle.
Immerhin stellt die First Lady langsam aber sicher ein eigenes Team in Washington zusammen. So heuerte sie Lindsey Reynolds als ihre Stabschefin im Weißen Haus an; Reynolds arbeitete schon unter George W. Bush in der Regierungszentrale. Niceta Lloyd, die bei der Vorbereitung der Feiern zur Amtseinführung von Donald Trump mitwirkte, soll sich um die öffentlichen Termine der First Lady in Washington kümmern.
Kritiker vermissen aber mehr als nur die physische Anwesenheit der First Lady in der Hauptstadt. Was denn eigentlich aus Melania Trumps vor der Wahl angekündigtem Projekt gegen Cyber-Bullying geworden sei, fragte das linksliberale Nachrichtenportal Mother Jones. Experten für das Problemfeld hätten bisher jedenfalls noch nichts von der Präsidentengattin gehört. Möglicherweise gibt es gute Gründe dafür, dass Melania mit dem Beginn ihrer Kampagne zögert: Ihr eigener Gatte gilt wegen seines aggressiven Tons auf Twitter bei seinen Gegnern als oberster Cyber-Bully der Nation.