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CDU-Landeschefin Monika Grütters will jetzt mehr Zeit für Landespolitik haben, heißt es.
© dpa/ Jörg Carstensen

CDU-Landeschefin Monika Grütters: Was hinter dem Machtwechsel in der Berliner CDU steckt

Machtverschiebungen in der Berliner CDU: Landesvorsitzende Monika Grütters gibt ihren Posten in der Bundestagsfraktion ab. Welche Hintergründe der Machtwechsel hat.

Von Ronja Ringelstein

Das kam plötzlich: Überraschend hat es am Montagmorgen in der Berliner CDU eine Personalrochade gegeben. Während einer Telefonkonferenz der sechs Berliner CDU-Bundestagsabgeordneten wurde Jan-Marco Luczak aus Tempelhof-Schöneberg zum Landesgruppenchef im Bundestag gewählt. Er löst damit die CDU-Landesvorsitzende und Kulturstaatsministerin Monika Grütters auf dem Posten ab. Stellvertreter bleibt Klaus-Dieter Gröhler aus Charlottenburg-Wilmersdorf.

An diesem Dienstag finden die letzten Wahlen in der CDU-Bundestagsfraktion statt. Dann soll der Spandauer Bundestagsabgeordnete Kai Wegner Sprecher im Ausschuss Bauen und Stadtentwicklung werden. Thomas Heilmann, Kreischef in Steglitz-Zehlendorf soll zum Beisitzer im Fraktionsvorstand gewählt werden.

Wieso kam es zur Personalrochade?

Es gibt verschiedene Versionen, wie der Wechsel zustande kam. Aus Parteikreisen war am Sonntag zunächst von einem „Putsch“ gegen die Landesvorsitzende Grütters gesprochen worden. Ihr sei ein Deal angeboten worden, dass sie für den Verzicht auf den Posten als Landesgruppenchefin bei der nächsten Wahl dann Berliner Spitzenkandidatin für den Bundestag würde. Strippenzieher seien Jan-Marco Luczak, Kai Wegner und Thomas Heilmann

Diese Version dementierte die Landesgruppe am Montag und betonte die Einigkeit, mit der sie den Machtwechsel vollzog. „Monika Grütters hatte von Anfang an deutlich gemacht, dass sie das Amt der Landesgruppenchefin nur für die Zeit der Verhandlungen übernehmen wollte, um sich danach wieder verstärkt der Parteiarbeit als Landesvorsitzende der Berliner CDU und ihren Aufgaben als Kulturstaatsministerin zu widmen und mehr Kollegen an den Aufgaben in der Fraktion beteiligen zu können“, heißt es in einer Erklärung. Die Landesgruppe stehe „geschlossen hinter ihrer Landesvorsitzenden“. Monika Grütters hatte die Erklärung ebenfalls unterzeichnet, wollte sich persönlich aber nicht äußern.

Was bringt die Rochade?

Die Landesgruppe erhält so einen Platz mehr im Vorstand der CDU/CSU-Fraktion. Denn eigentlich kann Berlin dort nur zwei Plätze besetzen. Da aber der Landesgruppenchef kooptiert ist, sind nun mit Luczak in dieser Funktion auch Heilmann und Wegner mit dabei.

Wieso kam die Rochade so überraschend?

Glaubt man der Erklärung der Landesgruppe, hatte Monika Grütters den Vorsitz in der Landesgruppe von Anfang an nur interimsmäßig übernommen. Nach außen kommuniziert wurde das nie. Aus Parteikreisen heißt es, Grütters sei nach der Bundestagswahl regelrecht überredet worden, den Posten zu übernehmen, um mit ihrem Einfluss als Kulturstaatsministerin möglichst viel für die Berliner Bundestagsabgeordneten herauszuholen. Das hat sie geschafft. Allerdings soll Grütters erst am vergangenen Freitag die Abgeordneten selbst darüber informiert haben, dass sie Luczak zum neuen Chef wählen lassen wolle.

Warum dies so plötzlich kam, wenn Grütters ihre Abdankung schon von langer Hand geplant hatte, stimmt manche in der Partei skeptisch. Dass die letzten Wahlen in der Fraktion an diesem Dienstag stattfinden sollen, stehe seit rund einer Woche fest, heißt es. Davor habe die Rochade stattfinden müssen. Die Idee hierfür soll tatsächlich von Thomas Heilmann gekommen sein, der das so nicht ausdrücklich bestätigt. Grütters habe sich den Vorschlag „zu eigen gemacht“.

Aus einer anderen Ecke der Partei heißt es, Grütters habe bereits kurz nach Ostern nach einer Möglichkeit gesucht, eine ihrer vielen Aufgaben loszuwerden. Sie habe den Landesgruppenchefposten aber eigentlich Wegner anbieten wollen – der ihn schon einmal innehatte. Der aber wollte lieber Sprecher im Bauausschuss werden.

Verliert Monika Grütters an Macht?

Die Kreischefs der CDU demonstrieren gern ihre Macht. Gleich zu Beginn von Grütters’ Amtszeit als Landeschefin wurde sie im Dezember 2016 abgestraft. Sie hatte Kai Wegner, Generalsekretär in der Ära Frank Henkel, durch ihren Vertrauten Stefan Evers ersetzen wollen. Evers fiel im ersten Wahlgang durch. Es war ein Schuss vor den Bug für Grütters, der zeigen sollte, dass sie Entscheidungen nicht ohne die Kreischefs treffen dürfe. Sollte Grütters jetzt in die Rochade gedrängt worden sein, kämen dafür ähnliche Akteure in Frage wie damals.

Viel spricht aber dafür, dass Grütters ihre Macht in der CDU durch die Konzentration auf ihr Amt im Bund und als Landesvorsitzende ausbaut. Diese Sichtweise bestätigen Parteifunktionäre – auch solche, die ihr bislang vorwarfen, sich landespolitisch zu wenig einzubringen. Das gilt als ihre große Schwäche. Ob sie Spitzenkandidatin für die nächste Abgeordnetenhauswahl 2021 werden will, ist offen. In der CDU soll freudige Aufregung geherrscht haben, als man von Grütters in einem Interview mit dem Tagesspiegel den Satz las: „Ich brenne für Berlin“. „Ein toller Satz!“, hieß es, um dann hinterherzuschieben: „Nun wollen wir es ihr nur noch glauben können.“

Dass sie ernsthaftes Interesse an einer Spitzenkandidatur für die Abgeordnetenhauswahl hat, wird oft bezweifelt. Allerdings habe sie das erste Zugriffsrecht. „Wenn Monika Grütters sagt, sie will Spitzenkandidatin in Berlin werden, dann wird sie das auch“, sagt auch Jan-Marco Luczak.

Was steht als nächstes in der CDU an?

Die Berliner CDU hat sich ein Programmjahr verordnet – ohne Personaldebatten. Allerdings muss die Berliner Liste für den Europawahlkampf festgelegt werden. Der erste, der nun seine Kandidatur öffentlich macht, ist Carsten Spallek, Bezirksstadtrat aus Mitte. „Ja, ich bewerbe mich als Kandidat“, sagte Spallek dem Tagesspiegel. Damit möchte er dem langjährigen und einzigen Europaabgeordneten der Berliner CDU, Joachim Zeller, ebenfalls Mitte, nachfolgen.

Bislang war nur um Monika Grütters’ Generalsekretär Stefan Evers immer wieder gemutmaßt worden, dass er Ambitionen in Richtung Europa hege. Offiziell bestätigen wollte er das nie. Er könnte nun in Zugzwang geraten. Dass ein Generalsekretär in Brüssel für Grütters so förderlich wäre – das quittieren bereits jetzt viele in der Partei mit einem Kopfschütteln.

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