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Der nationale Geheimdienstkoordinator der USA, Dan Coats (links), FBI-Direktor Christopher Wray, NSA-Direktor Paul Nakasone und US-Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen warnen vor russischer Einmischung.
© Evan Vucci/AP/dpa

Vorwurf der Wahlmanipulation: Warum US-Geheimdienste öffentlich Russland beschuldigen dürfen

Das Weiße Haus lässt US-Geheimdienste und FBI Russland die Beeinflussung von Wahlen vorwerfen. Es ist ein orchestrierter Kontrapunkt zu den Aussagen des US-Präsidenten.

Die Hoffnungen des US-Präsidenten Donald Trump auf mehr außenpolitische Handlungsfreiheit gegenüber Russland haben abermals einen Rückschlag erlitten. In einem offenkundigen Versuch, die Kritik an seinem Umgang mit Wladimir Putin beim Gipfel in Helsinki einzudämmen, hat das Weiße Haus die Chefs der US-Geheimdienste und des FBI sowie Trumps außenpolitische Berater in einen gemeinsamen Auftritt vor den White-House-Korrespondenten geschickt. Sie warfen Moskau vor, demokratische Prozesse und Grundwerte der USA gezielt anzugreifen.

Die russischen Operationen mit dem Ziel, den US-Wahlen zu manipulieren, richteten sich auch auf die Kongresswahl im November 2018 und die Präsidentschaftswahl 2020. Sie hätten gegenüber der Präsidentenwahl 2016 nicht nachgelassen, sagten die für die Sicherheit verantwortlichen Experten. Parallel wurde bekannt, dass eine russische Agentin über viele Jahre in der US-Botschaft in Moskau gearbeitet hatte.

Geheimdienstkoordinator Dan Coats sagte, Russland „nutzt jede Gelegenheit, unser Wertesystem zu unterminieren, ohne Rücksicht, um welches politische Lager es geht und auch nicht nur mit Blick auf Wahlen“. Laut FBI-Chef Christopher Wray verfolgen die russischen Dienste dieses Ziel „rund um die Uhr, Tag für Tag. Wir nehmen diese Bedrohung außerordentlich ernst“. Kirstjen Nielsen, die Ministerin für Heimatschutz, betonte: „Unsere Demokratie selbst ist im Fadenkreuz.“ Die USA hätten bei der Abwehr der Angriffe große Fortschritte gemacht. „Wir müssen aber weiter alles tun, um unseren Wahlprozess zu schützen.“

Das Weiße Haus reagierte mit dem orchestrierten Auftritt auf die breite Kritik am Präsidenten. Trump hat immer wieder gesagt, er glaube nicht, dass Russland in den Wahlkampf 2016 eingegriffen habe. Er bekräftigte das auch bei der Pressekonferenz mit Putin nach ihrem Gipfeltreffen in Helsinki vor zwei Wochen.

Die US-Dienste sagen hingegen, es bestehe kein Zweifel, dass der Kreml Einfluss auf die Wahl 2016 genommen habe. Seit über einem Jahr versuchen ein Sonderermittler, Robert Mueller, und Untersuchungsausschüsse des Kongresses aufzuklären, wie und in welchem Maß das geschah – und ob es dabei eine Zusammenarbeit zwischen Vertretern Russlands und Mitarbeitern in Trumps Wahlkampfteam gegeben habe. Trump hat diese Ermittlungen als „Hexenjagd“ verurteilt und kürzlich ultimativ verlangt, die Untersuchungen zu beenden. Er habe die Wahl aus eigener Kraft und ohne Hilfe von außen gewonnen.

Drängen auf neue Sanktionen

Mehrfach hatte Trump zudem gesagt, er habe Putin auf die Vorwürfe angesprochen, und der habe auf überzeugende Weise bestritten, dass Russland hinter den Cyber-Angriffen stecke. Wegen solcher Aussagen wird Trump auch von republikanischen Parteifreunden hart kritisiert. Es sei schwer erträglich, wenn der Präsident den Eindruck erwecke, dass er Putin mehr vertraue als den amerikanischen Geheimdiensten und Experten, argumentieren die Kritiker.

Trumps Nationaler Sicherheitsberater John Bolton betonte bei dem gemeinsamen Auftritt mit den Geheimdienstchefs, der Präsident habe „unmissverständlich klar gemacht“, dass er Wahlbeeinflussung von außen nicht dulde. Trump erwarte, dass die Experten ihre Arbeit machen und Manipulationen verhindern. Bolton schrieb auch einen Brief an Senatoren der Demokratischen Partei, in dem er versicherte, der Präsident habe eine breite, alle Regierungsstellen umfassende Aktion angeordnet, um „die Grundlage unserer Demokratie zu schützen“.

Mehrere Republikaner und Demokraten im US-Kongress drängen die Regierung Trump dazu, neue Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Eine Gruppe um den republikanischen Senator Lindsey Graham brachte am Donnerstag einen Gesetzentwurf ein, mit dem russische Politiker und Oligarchen mit neuen Sanktionen belegt werden könnten.

Parallel melden US-Medien, in der US-Botschaft in Moskau habe über ein Jahrzehnt lang eine mutmaßliche russische Spionin gearbeitet. Die russische Staatsangehörige sei ursprünglich von Mitarbeitern des Secret Service angestellt worden. Bei einer Routine-Sicherheitskontrolle durch das US-Außenministerium sei sie dann unter Verdacht geraten.

Bei einer Untersuchung habe sich herausgestellt, dass die Frau regelmäßig nicht genehmigte Treffen mit dem russischen Geheimdienst FSB abgehalten habe. Sie hatte Zugang zum Intranet und zum E-Mail-System des Secret Service. Damit hatte sie Zugang zu potenziell sensiblen Daten wie dem Terminkalender des US-Präsidenten gehabt. Auf streng vertrauliche Informationen habe sie aber nicht zugreifen können. Um einen Skandal und peinliche Untersuchungen zu verhindern, sei die Spionin im Sommer des Vorjahres „unauffällig“ entlassen worden, hieß es.

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