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Noch ist er leer: Der Plenarsaal im Bundestag muss demnächst maximal 709 Abgeordnete aufnehmen.
© Kai-Uwe Heinrich

Wundersame Vermehrung: Warum hat der Bundestag jetzt 709 Abgeordnete?

Durch 46 Überhangmandate und 65 Ausgleichsmandate wächst der Bundestag deutlich über seine Mindestgröße hinaus. Was dahinter steckt.

Manchmal geht es glimpflich aus, wie 2013, als der Bundestag nur moderat über seiner „Normalgröße“ lag und 631 Mandate zusammenkamen. Aber am Sonntag ist die von Wahlforschern und politischen Beobachtern befürchtete Folge eines verunglückten Wahlsystems eingetreten: Der Bundestag ist erheblich über seine Mindestgröße von 598 Sitzen hinausgeschossen und hat künftig 709 Abgeordnete. Es mussten 111 zusätzliche Sitze vergeben werden, um die Ergebnisse in den Ländern mit dem bundesweiten Parteienproporz in Einklang zu bringen. Das liegt an den Überhangmandaten, die in der ersten Stufe des seit 2013 angewendeten Wahlsystems entstehen – indem den Parteien ihre in den Ländern gewonnenen Sitze garantiert werden. Dabei kann es sein, dass eine Partei mehr Wahlkreise gewinnt und damit sichere Direktmandate, als ihr nach dem Landesergebnis proportional an Sitzen zustehen würde. Das führt dann in der zweiten Zuteilungsstufe, die sich am bundesweiten Zweitstimmenergebnis der Parteien orientiert, zu Ausgleichsmandaten, um den in einem Verhältniswahlrecht üblichen Proporz herzustellen.

Überhänge quer durch die Republik

Und so war es auch in der Nacht zum Montag, als der Bundeswahlleiter das endgültige Ergebnis der Wahl ermittelte. Insgesamt sind laut Matthias Moehl vom Wahlinformationsdienst „election.de“ 46 Überhangmandate entstanden – und zwar 43 für die Union und drei für die SPD. Der Grund: CDU und CSU stürzen zwar ab, aber sind noch immer stark genug, um in mehreren Bundesländern sehr viele Direktmandate zu gewinnen. In Bayern und Baden-Württemberg sogar alle – mit dem Ergebnis von elf Überhangmandaten im Südwesten und sieben im weiß-blauen Freistaat. Laut Moehl ergaben sich weitere CDU-Überhänge in Sachsen-Anhalt (vier), Brandenburg, Sachsen, Hessen, Thüringen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein (je drei), Mecklenburg-Vorpommern (zwei) und im Saarland (eines). Die SPD-Überhänge entstanden in Hamburg (zwei) und Bremen. Auch hier lag es daran, dass die SPD schwächelte, in ihren hanseatischen Hochburgen aber dennoch in den meisten Wahlkreisen bei der Erststimme vorn lagen. Die 65 Ausgleichssitze verteilen sich nach den Zahlen des Bundeswahlleiters so: SPD 19, FDP 15, AfD elf, Linke und Grüne je zehn.

Warum ein Spitzenkandidat nicht im Bundestag ist

Dass der CSU-Spitzenkandidat Joachim Herrmann nicht im Bundestag sitzen wird (als Nummer eins der Liste, aber ohne Wahlkreis) hängt damit zusammen: mehr als die 46 Direktmandate der Christsozialen sind bei 38,8 Prozent in Bayern (oder 6,2 Prozent, wenn das Ergebnis bundesweit hochgerechnet wird) nicht drin. Die Landesliste zog nicht (erst bei noch mehr Überhangmandaten, welche die Parlamentsgröße auf 717 Sitze getrieben hätte, wäre Herrmann drin gewesen).
Die enorme Vergrößerung des Parlaments wird die Debatte darüber neu befeuern, ob die Wahlrechtsreform von 2011 nicht schnell durch eine andere Konstruktion ersetzt werden muss, in der der Umfang des Parlaments nicht eine nach oben offene Größe ist.

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