Flüchtlinge: Warum fast niemand in Österreich bleiben will
25.000 Menschen flüchteten zuletzt durch Österreich - doch fast alle zog es weiter. Das Alpenland gefällt sich gut in seiner neuen Rolle.
Wenige sagen es, viele denken es: Österreich kam im Umgang mit den vielen Flüchtlingen über die Balkanroute gut weg. Rasch reagierende Politik, unbürokratische Beamte und eindrucksvolle Hilfsbereitschaft der Bevölkerung haben die Organisation des Durchschleusens leicht gemacht und ein gutes Bild hinterlassen. Dafür lobt sich das Land jetzt überschwänglich – und ist froh, nur Durchgangs- aber kaum Zielland der Flüchtlinge zu sein. Von den gut 25 000 Ankommenden haben nur knapp 100 Asyl beantragt.
Bis vor zwei Wochen waren die Flüchtlingszahlen auch in Österreich gestiegen: Bis zu 300 pro Tag hatten um Asyl ersucht – und blieben; im Verhältnis zur Bevölkerungszahl gleich viele wie im zehnmal größeren Deutschland. Jetzt wird spekuliert, warum das Interesse nachlässt.
Österreich ist traditionell eines der Zielländer für Wirtschaftsflüchtlinge aus dem nahen Balkan, ihr Anteil war bisher noch höher als in Deutschland. Nicht aber bei Flüchtlingen aus dem Kriegsland Syrien. Und gerade die Syrer sind offenbar auf Deutschland fixiert, Österreich ist für sie Durchgangsstation – und oft schlicht unbekannt, wie Helfer berichten: Manche wähnten sich schon in Deutschland, als sie über die Grenze kamen.
Die Meldung aus Deutschland, dass es für Syrer das sogenannte Dublin-Verfahren ausgesetzt habe und sie nicht mehr in das Erstankunfts-Land in der EU zurück schicke, war offenbar das große grüne Licht für die gut informierten Syrer – auch wenn Deutschland zuvor ebenfalls kaum Rückführungen durchgeführt hatte.
Ein anderer inzwischen gut bekannter Grund für Deutschland ist dessen Anerkennungsquote. Die ist höher als die österreichische, zumindest war sie das in der Vergangenheit: 95 Prozent in Deutschland standen 2013 nur 46 Prozent in Österreich gegenüber. Mit der Empathiewelle der letzten Wochen dürfte sich das aber auch im Alpenland zugunsten der Syrer ändern.
Zusätzlich zur Erstversorgung mit Schlafplatz, Essen und etwas Kleidung erhielt ein Asylbewerber bisher in Deutschland 143 Euro im Monat, in Österreich nur 40. Für Syrer könnte ein anderer Unterschied noch wichtiger sein: In Deutschland dürfen sie nach drei Monaten Aufenthalt arbeiten, in Österreich erst nach Abschluss des oft noch langwierigeren Asylverfahrens. Ausnahmen gibt es im Gastgewerbe und der Landwirtschaft – die aber nur 200 der gut 50 000 Flüchtlingen in Österreich haben. Wie viele sie auch nutzen, ist unbekannt.
Nur jeder zwanzigste Syrer verstehe rudimentär Englisch, berichten Helfer. Die Dolmetscher in Wien hatten in der Hektik keine Zeit zur Motivforschung, was plötzlich gegen das wohlhabende und gastfreundliche Österreich spricht, in dem keine Asylbewerberheime brennen.
Reinhard Frauscher
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