Ein Jahr große Koalition: Warum die SPD in der Groko nichts gewinnt
Seit zwölf Monaten regieren Union und SPD. Den Sozialdemokraten hat das bislang nichts gebracht. Ein Kommentar.
Lieber langsam sterben oder schnell? Diese Frage bestimmte vor einem guten Jahr die SPD-interne Debatte über eine Neuauflage der großen Koalition. Ein „Nein“ zur Groko wäre das sofortige Ende der SPD, warnten die einen. Die Partei würde in Neuwahlen untergehen. Die anderen entgegneten: Mehr als den schleichenden Tod würden die Sozialdemokraten an Merkels Seite auch nicht finden. Nur in der Opposition könne der SPD neues Leben eingehaucht werden. Sie könnten recht behalten.
Die Spiegelstrich-Politik verfängt nicht
Seit einem Jahr regieren die Sozialdemokraten nun wieder mit. Gewonnen haben sie dadurch kaum etwas. Die Umfragewerte sind mies, für die Genossen zahlt sich das Regieren einfach nicht aus. Und auch die versprochene Parteireform zeigt keine spürbaren Fortschritte.
Zwar haben die Sozialdemokraten der Union in den vergangenen zwölf Monaten viel abverlangt – vom Einwanderungsgesetz bis zur Kita-Finanzierung. Doch bei den Wählern verfängt die Spiegelstrich-Politik der Genossen nicht. Offenbar hoffte die SPD-Führung, alles werde gut, wenn man nur brav Punkt für Punkt des Koalitionsvertrags abarbeite. Aber so einfach geht es nicht. Das zeigen nicht nur die Niederlagen der SPD in Bayern und Hessen – sondern auch die schwachen Umfragewerte. Die Groko-Gegner in der Partei können sich bestätigt fühlen.
Die Skepsis bleibt
Die SPD hat in den bundesweiten Umfragen zuletzt zwei Prozentpunkte zugelegt. Der Grund könnte der sozialpolitische Linkskurs sein, den die SPD kürzlich eingeschlagen hat. Parteichefin Andrea Nahles will damit beweisen, dass sich Regieren und Parteireform nicht ausschließen. Was aber, wenn das bei Europa- und Bremenwahl keinen Erfolg bringt? Ist dann das linke Halbjahr der SPD schon wieder vorbei? Ob wirklich etwas aus dem Projekt „SPD erneuern“ wird, ist nach einem Jahr Groko unklar wie eh und je. Die Skepsis bleibt – nicht nur in der Partei.
Eine Sorge hat sich indes nicht bestätigt: Dass die Dauer-Groko den rechten Rand in Deutschland stärken könnte, weil die SPD der AfD die Oppositionsführung überlassen hat. Profitieren konnten die Rechtspopulisten davon nämlich nicht. Im Bund stagnieren ihre Umfragewerte. Das hat aber eher mit dem eigenen Unvermögen der AfD zu tun als mit der Regierungspolitik der SPD.