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Ungerecht? Im Osten liegt der Rentenwert niedriger als im Westen. Dafür bringen niedrigere Löhne dort höhere Rentenansprüche.
© dpa

Rentenangleichung: Warum die Kanzlerin auf die Stopptaste drückt

Die Angleichung der Ostrenten ans Westniveau produziert auch Verlierer. Deshalb schiebt sie die Kanzlerin weiter auf die lange Bank. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Rainer Woratschka

Man musste kein Prophet sein, um zu ahnen, dass da noch was kommen würde. Denn so unumstritten die Überfälligkeit einer Rentenangleichung zwischen Ost und West ist, so umstritten ist der Weg dorthin.

Soll man und darf man den vier Millionen Ostrentnern, die im Schnitt schon jetzt weit höhere Bezüge haben als die Rentner im Westen, um der Einheit willen noch mal was draufpacken? Wie gerecht ist das gegenüber den Müttern im Westen, die weit geringere Rentenansprüche erwerben konnten, weil ihnen keine organisierte Kinderbetreuung zur Verfügung stand? Wie gerecht gegenüber den sechs Millionen Ostarbeitnehmern, denen im Gegenzug die bisherige Höherwertung ihrer immer noch deutlich niedrigeren Löhne für die Rente genommen würde?

Und wer überhaupt soll das finanzieren? Wieder die Beitragszahler, die skandalöserweise schon die Anerkennung von Erziehungsleistungen bei der Rente, vulgo Mütterrente, allein zu wuppen haben? Weil es sich bei der Renteneinheit um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt, lautet die ordnungspolitisch richtige Antwort natürlich einmal mehr: der Steuerzahler. Doch Schäuble bockt – und schon streiten sie wieder in der Koalition.

Merkel durchschaut auch das taktische Spiel der SPD

Was bleibt der Kanzlerin da anderes, als die Stopptaste zu drücken? Denn natürlich hat Angela Merkel auch das taktische Spiel durchschaut. Die SPD prescht mit ihrer Arbeitsministerin voran, um sich bei Ostrentnern beliebt zu machen – und die Union mit ihrem Finanzminister vorzuführen, der erwartungsgemäß nicht so ohne Weiteres sechs Milliarden aus dem Steuersäckel lockermachen kann. Da liegt es nahe, dass sich Merkel schnell mal zur Anwältin der Jüngeren im Osten macht.

Was das bedeutet? Der Wahlkampf hat begonnen. Und da die Renteneinheit naturgemäß auch Verlierer produziert, die man darin nicht haben will, wird sie weiter auf die lange Bank geschoben. Leider.

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