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Ein US-Soldat der US-Luftwaffe bewacht die Evakuierte von Nichtkombattanten mit einem Flugzeug vom Typ C-17 Globemaster III.
© Sra Taylor Crul/U.S. Air/Planet Pix via ZUMA Press Wire/dpa

Weiter Chaos am Flughafen in Kabul: Warnung vor möglichem Anschlag

Etliche Menschen hoffen darauf, noch in Sicherheit gebracht zu werden. Es ist ein Rennen gegen die Zeit - das große Gefahren birgt.

Eine Woche nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan hoffen dort weiterhin Zehntausende verzweifelte Menschen auf ihre Evakuierung durch westliche Staaten. Die Bundeswehr teilte am späten Samstagabend mit, sie habe inzwischen mehr als 2130 Menschen aus Kabul ausgeflogen. Die US-Streitkräfte brachten nach Angaben des Pentagons seit Beginn ihrer Mission am Samstag vergangener Woche 17 000 Menschen über die Luftbrücke in Sicherheit. Das Chaos vor dem Flughafen dauerte an.

Der Korrespondent des britischen Senders Sky News, Stuart Ramsay, berichtete von vor Ort, am Samstag seien mehrere Menschen im Gedränge ums Leben gekommen. Die Evakuierung von Schutzsuchenden durch die Bundeswehr geriet am Samstag inmitten der chaotischen Verhältnisse am Flughafen zwischenzeitlich ins Stocken. Mehrere Flugzeuge der Bundeswehr konnten nur wenige Menschen an Bord nehmen. Die Lage gestalte sich weiterhin schwierig, teilte die Bundeswehr am Samstagabend mit.

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Der Sender CNN berichtete am Samstag unter Berufung auf ungenannte US-Verteidigungsquellen von der Gefahr eines Anschlags der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) auf den Kabuler Flughafen und dessen Umgebung. Das US-Militär bemühe sich daher, Amerikanern, anderen Ausländern und afghanischen Mitarbeitern der US-Regierung „alternative Routen“ zum Flughafen aufzuzeigen. Die Taliban seien sich der Bemühungen bewusst und stimmten sich mit den US-Vertretern ab. Die Taliban und der regional aktive Zweig des IS sind tief verfeindet und haben in der Vergangenheit gegeneinander gekämpft.

Die deutsche und die amerikanische Botschaft in Kabul rieten ihren Staatsbürgern am Samstag von Versuchen ab, den Flughafen zu erreichen. „Derzeit ist es grundsätzlich sicherer, zu Hause oder an einem geschützten Ort zu bleiben“, schrieb die deutsche Botschaft an Landsleute. Die US-Botschaft rief Amerikaner dazu auf, den Flughafen aufgrund möglicher Sicherheitsbedrohungen zu meiden.

„Wir wissen, dass wir sowohl gegen die Zeit als auch gegen den Raum kämpfen.“

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer sicherte zu, dass die Bundeswehr die Evakuierung unter Hochdruck fortsetzen werde. „Die Situation ist schwierig, aber wir werden mit den Möglichkeiten und allem, was sich vor Ort ergibt, weiter dranbleiben, so viele wie möglich herauszuholen“, sagte sie am Samstag in Berlin. Pentagon-Sprecher John Kirby sagte in Washington: „Wir wissen, dass wir sowohl gegen die Zeit als auch gegen den Raum kämpfen. Das ist das Rennen, in dem wir uns gerade befinden.“

Das Zeitfenster für weitere Evakuierungen aus Kabul wird immer kleiner. Die USA wollen eigentlich zum 31. August den Abzug ihrer Truppen abschließen. Eine Fortführung des Evakuierungseinsatzes ohne die USA gilt als ausgeschlossen. Die Bundeswehr verlegte zwei Hubschrauber nach Kabul, um mehr Möglichkeiten bei den Evakuierungen zu haben. Die wendigen Helikopter kamen am Samstag in Kabul an und sind nach Angaben des Verteidigungsministeriums einsatzbereit.

Angesichts der verheerenden Lage in Afghanistan forderte FDP-Chef Christian Lindner einen Untersuchungsausschuss. Dort müsse in der nächsten Legislaturperiode alles auf den Tisch kommen, „was nicht funktioniert hat“, sagte er der „Bild am Sonntag“. „Auch, welche systematischen Schwächen wir bei diesen Einsätzen haben. Das muss aufgeklärt und neu konzipiert werden.“ Die „Fehleinschätzung“ des Bundesnachrichtendienstes (BND) zur Lage in Afghanistan müsse ebenfalls Konsequenzen haben, sagte Lindner. „Er muss gegebenenfalls neu aufgestellt werden.“

Die Bundesregierung hatte bereits eingestanden, dass sie vom Tempo der Machtübernahme durch die militant-islamistischen Taliban in Afghanistan überrascht worden war. Am Donnerstag hatten sich vor diesem Hintergrund bereits Politiker von Grünen, FDP und Linken die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Bundestag nach der Wahl am 26. September vorbehalten. Die Opposition wirft der Regierung vor, die Ausreise der afghanischen Helfer von Bundeswehr und Bundesregierung verschleppt zu haben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach den Bundeswehrsoldaten in Afghanistan für den Einsatz zur Rettung von Deutschen und Ortskräften am Samstag ihren „tiefen Dank“ aus. Sie bezeichnete die Entwicklung in Afghanistan mit der Machtübernahme der Taliban als „Drama“ und „Tragödie“.

„Wir wollten möglichst vielen Menschen in Afghanistan ein freies, ein gutes und selbstbestimmtes Leben ermöglichen“, sagte Merkel. „Und da müssen wir einfach sagen: Das ist so nicht gelungen.“

Kramp-Karrenbauer räumte eine massive Fehleinschätzung der Bundesregierung angesichts des Vormarschs der Taliban ein: „Unsere Lageeinschätzung war falsch, unsere Annahmen über die Fähigkeiten und die Bereitschaft zum afghanischen Widerstand gegen die Taliban zu optimistisch“, schrieb Kramp-Karrenbauer in einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Brief an Abgeordnete des Bundestags.

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Mit einer Demonstration im Berliner Regierungsviertel wollen Aktivisten an diesem Sonntag ihrer Forderung nach einer schnellen und unbürokratischen Evakuierung bedrohter Menschen aus Afghanistan Nachdruck verleihen. Nach Angaben der Polizei wurden 1000 Teilnehmer zu einer Kundgebung um 13.00 Uhr am Kanzleramt angemeldet. Die Organisatoren rechnen mit mehreren Tausend Menschen, sagte ein Sprecher der Initiative „Seebrücke“. In mehreren deutschen Städten demonstrierten bereits am Samstag Menschen für sichere Fluchtwege aus Afghanistan - so gingen in Hannover, Göttingen und Frankfurt am Main laut Polizei jeweils mehrere Hundert Menschen auf die Straße.

[Lesen Sie auch: Kann man Demokratie exportieren? Interventionen wie in Afghanistan bleiben legitim - und nötig (T+)]

Vor knapp einer Woche hatten die Taliban Kabul eingenommen und die Macht übernommen. Seitdem fürchten Oppositionelle, Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und auch Ortskräfte, die für westliche Staaten tätig waren, Racheaktionen. Es ist weitgehend unklar, wie die Islamisten dieses Mal herrschen werden. Es wird befürchtet, dass die Extremisten wieder ein islamisches „Emirat“ errichten wollen und dabei mit drakonischen Strafen gegen Andersdenkende vorgehen. (dpa)

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