Ministerium relativiert Bericht: Warnung vor Anschlagsserie in Deutschland nach Pariser Muster
Das Bundesinnenministerium warnt angeblich vor Anschlägen in Deutschland nach dem Muster der Attentate von Paris. Das berichtet die "Bild".
Das Bundesinnenministerium (BMI) befürchtet einem Medienbericht zufolge Anschläge in Deutschland nach dem Muster der Pariser Terrorserie vom November. "Deutschland ist erklärtes und tatsächliches Ziel dschihadistisch motivierter Gewalt", zitierte die "Bild"-Zeitung aus einem vertraulichen Bericht des Ministeriums zur Sicherheitslage. Als das wahrscheinlichste Szenario gelten demnach "multiple, teilweise über mehrere Tage zeitversetzte, Anschläge gegen verschiedene Zielkategorien" mithilfe von Schusswaffen, unkonventionellen Sprengsätzen und Brandbomben. Bei den koordinierten IS-Anschlägen in Paris auf einen Konzertsaal, mehrere Cafés und Restaurants sowie vor dem Fußballstadion Stade de France waren am 13. November 130 Menschen getötet worden.
Als mögliche Täter sieht das BMI laut Bericht "Einzeltäter oder autonom agierende Gruppen", wobei die größte Gefahr von aus Syrien zurückgekehrten Kämpfern ausgehe. Die Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass seit 2012 mehrere hundert Deutsche in die Kriegsgebiete im Irak und in Syrien gereist sind. Viele von ihnen sollen anschließend kampferprobt und radikalisiert nach Deutschland zurückgekehrt sein.
Ministerium: Keine völlig neue Einschätzung
Eine BMI-Sprecherin sagte als Reaktion auf den "Bild"-Bericht: "Dabei handelt es sich nicht um eine völlig neue Einschätzung." Sie verwies auf ein AFP vorliegendes Schreiben des Bundeskriminalamts (BKA) an Vertreter der deutschen Wirtschaft von Anfang Dezember. Darin heißt es, Deutschland stehe im "erklärten Zielspektrum" der Dschihadistenorganisation "Islamischer Staat" (IS) " Möglich seien Anschläge auf Vertreter des Staates sowie insbesondere auf "symbolhafte" und "weiche" Ziele. "Hierfür kommen weiterhin auch Sportgroßveranstaltungen sowie andere öffentliche Veranstaltungen in geschlossenen Räumen oder unter freiem Himmel in Frage."
Als Täter kommen der BKA-Analyse zufolge aus Syrien und dem Irak zurückgekehrte Dschihadisten in Frage. Den deutschen Sicherheitsbehörden liegen nach Angaben des Bundesinnenministeriums derzeit Erkenntnisse zu mehr als 780 Islamisten vor, die aus Deutschland in Richtung Syrien und Irak gereist sind, um dort auf Seiten des IS und anderer terroristischer Gruppierungen an Kampfhandlungen teilzunehmen oder diese anderweitig zu unterstützen. Etwa ein Drittel der Ausgereisten befinde sich inzwischen wieder in Deutschland.
Verfassungsschutz-Präsident fordert neues "Risikomanagement"
Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen hält für Deutschland ein neues "Risikomanagement" bei Terrorwarnungen für notwendig. Bisher stehe etwa nicht fest, ob die Warnung in der Silvesternacht in München ein Fehlalarm gewesen sei, sagte Maaßen am Donnerstag dem RBB-Inforadio. "Wir müssen in Zukunft davon ausgehen, dass wir derartige Hinweise häufiger bekommen werden."
Im Zweifel müssten dann die Sicherheitsmaßnahmen hoch gefahren werden, sagte Maaßen, fügte aber einschränkend hinzu: "Wir können in Zukunft nicht immer nur sagen, wir schalten das Licht ein oder wir schalten das Licht aus. Wir brauchen insoweit einen Dimmer." Bei Fußballspielen könnten etwa die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt werden, anstatt das Spiel abzusagen. Auch andere Länder hätten gelernt damit umzugehen, "so dass auch bei einer hohen Terrorgefahr öffentliche Veranstaltungen, Fußballspiele, in gesichertem Rahmen stattfinden können", fügte der Verfassungsschutz-Präsident hinzu. (dpa/AFP)