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Bisher tabu: Streik von Ärzten an kirchlichen Krankenhäusern.
© Jens Wolf/ZB/dpa

Tarifstreit eskaliert: Warnstreiks von Klinikärzten stehen bevor

Patienten in Deutschland müssen sich auf die Verschiebung von Behandlungen einstellen. Ein Tarifstreit rund um Klinikärzte ist eskaliert.

Klinik-Patienten in Deutschland müssen mit Warnstreiks von Ärzten rechnen. Die große Tarifkommission der Ärztegewerkschaft Marburger Bund erklärte die Tarifverhandlungen für rund 55 000 Mediziner in den mehr als 500 kommunalen Krankenhäusern am Samstag in Berlin für gescheitert, wie der Marburger Bund mitteilte. Warnstreiks seien ab sofort möglich. Allerdings müssten für die Arbeitskampfmaßnahmen erst noch Vorbereitungen getroffen werden. In den kommenden Wochen könnten dann Operationen verlegt werden und weitere Verzögerungen für Patienten bevorstehen.

Zugleich bereite der Marburger Bund eine Urabstimmung unter den Mitgliedern über reguläre Streiks vor. „Wir haben auf eine Einigung am Verhandlungstisch gesetzt, aber ein Angebot erhalten, das wir als den Versuch verstehen müssen, uns die Selbstachtung zu nehmen“, sagte der Vorsitzende des Marburger Bundes, Rudolf Henke. „Deshalb muss jetzt der Druck erhöht werden.“ Sichergestellt seien aber ausreichend Notdienste.

Der Marburger Bund fordert fünf Prozent mehr Geld sowie Begrenzungen von Bereitschaftsdiensten, unter anderem durch mindestens zwei freie Wochenenden im Monat. Die Arbeitszeit müsse zudem manipulationsfrei erfasst werden. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hatte bei der dritten Verhandlungsrunde am Mittwoch ein Angebot vorgelegt, das die Ärzte als unzureichend abgelehnt hatten. Beim Gehalt hätten die Arbeitgeber nur 1,4 Prozent für 2019 und 0,83 Prozent für 2020 angeboten.

Die Gewerkschaft warf der VKA zudem vor, sich einer rechtlichen Absicherung für ihre Tarifverträge zu verweigern. Hintergrund ist das 2015 beschlossene Tarifeinheitsgesetz. In einem Betrieb soll demnach nur der Abschluss der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern gelten. Der Marburger Bund betonte, mit der Gewerkschaft Verdi habe man sich längst verständigt, dass der Tarifvertrag der jeweils anderen Gewerkschaft nicht verdrängt werden soll. Auch Verdi hat viele Mitglieder in den Kliniken, in denen auch der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst zur Anwendung kommt.

Beim Marburger Bund fürchtet man, dass mit der VKA erstmals Arbeitgeber vor Gericht die Feststellung der Gewerkschaftsmehrheit beantragen könnten. Die VKA hingegen versicherte, der Marburger Bund sei für sie die zuständige Gewerkschaft für die Krankenhausärzte.

2006 war der Marburger Bund teils fast täglich in den Schlagzeilen, als die Klinikärzte mit einem Streik für mehr Geld und bessere Bedingungen kämpften. Es war der erste Ärztestreik in Deutschland seit Jahrzehnten. (dpa)

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