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Hilfsbedürftig. Viele psychisch Erkrankte müssen zu lange auf ihre Behandlung warten.
© Getty Images / iStockphoto

Reform der Psychotherapie: Vorsortieren ist eine Zumutung für Patienten

Psychisch Kranke brauchen schnellen Zugang zur Behandlung. Die Idee, sie erst vorzusortieren, würde ihre Probleme verschärfen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Rainer Woratschka

Man fühlt sich an den Beitrag erinnert, mit dem sich ein führender Gesundheitsfunktionär vor Jahren in die Debatte um psychisch Kranke eingebracht hat: Man benötige nicht immer gleich einen Therapeuten, eine Flasche Bier am Abend tue es manchmal auch.

Nun geht es um die Idee, Patienten erst mal vorzusortieren. Brauchen die überhaupt eine Psychotherapie – und wenn ja, wie dringlich und bei wem? Darüber sollen künftig speziell qualifizierte Koordinatoren entscheiden.

Das mag als Hilfe in einem schwer durchschaubaren Behandler-Dschungel gut gemeint sein. Doch praktisch besehen ist die Idee eine Zumutung. Für die Therapeuten, denen auf diese Weise die Fähigkeit zu eigener seriöser Diagnose abgesprochen wird. Und für die Hilfesuchenden, die schon jetzt viel zu lang auf ihre Behandlung warten müssen und denen dann noch eine weitere Hürde in den Weg gestellt würde.

Psychisch Erkrankte haben oft ein immenses Problem, sich ihre Hilfsbedürftigkeit einzugestehen, sich aktiv einen Therapeuten suchen, ihr Seelenleben preiszugeben. Müssen sie das mehrfach tun und auch noch vor Menschen, die sie sich nicht ausgesucht haben, werden viele lieber unbehandelt in ihrer Not verharren.

Die Folgeschäden wären beträchtlich - individuell wie gesamtökonomisch. Das kann auch der Gesundheitsminister nicht wollen.

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