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Talent und Tauglichkeit in der Ampel: Vorsicht, die Neuen kommen!

Bei den Ministerinnen und Ministern setzt die Ampel nicht auf Regierungserfahrung, sondern auf Talent. Das verspricht Erneuerung statt weiter so. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Miriam Schröder

Noch ist die Kabinettsbildung nicht abgeschlossen, eins aber ist heute schon augenfällig: Die neue Regierung wird auffallend viele neue Gesichter haben. Logisch, schließlich sind an der Koalition zwei Parteien beteiligt, die lange nicht regiert haben. Trotzdem mutig, dass FDP und Grüne nicht nur altgedientes Verwaltungspersonal aus Bund und Ländern an die Spitzen der Ministerien setzen wollen, sondern Talente, die sich an anderen Stellen bewiesen haben.

Eine Außenministerin, die keinerlei Erfahrung mit den Härten der internationalen Diplomatie mitbringt, und das in einer Zeit, in der sich an nahezu allen Fronten erhebliche Probleme auftürmen: seien es die innereuropäischen oder die transatlantischen, von denen mit China oder Russland ganz schweigen.

Megathemen wie Bildung und Forschung in der Hand einer Frau, die bisher nur parlamentarische Geschäftsführerin war, genauso wie der künftige Justizminister, oder womöglich ein neuer Bundesgesundheitsminister, der als Berufsneuling gleich das Seuchenmanagment auf dem Tisch hat – manch einer fragt sich schon: Kann das gut gehen? Es muss zumindest nicht schief gehen.

Erstens regiert keine Ministerin, kein Minister in diesem Land allein vor sich hin. Er oder sie erbt einen Apparat voller fachlich versierter Beamter, die Input und Struktur für die jeweiligen Themen liefern können. Hier sind die Neuen erst mal gefragt, zuzuhören und zu lernen.

Alles-weiter-so-wie-bisher ist ja auch nicht das, wofür die Ampel gewählt wurde

Etwas also, wovon diese Mannschaft in den vergangenen Wochen durchaus bewiesen hat, dass sie es kann. Wer hätte denn nach den Erfahrungen mit den Jamaika-Sondierungen vor vier Jahren gedacht, dass drei ganz unterschiedliche Parteien sich so schnell und so geräuschlos einig werden würden? Dass dabei jeder etwas gewinnen und gleichzeitig etwas aufgeben würde, ohne sein Gesicht komplett zu verlieren? Dass es bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags zumindest so aussah, spricht für ein gehöriges Maß an Empathie auf allen Seiten.

[Lesen Sie mehr bei Tagesspiegel Plus: Der Vier-Jahres-Plan - Das sind die wichtigsten Projekte der Ampel]

Ganz abgesehen davon ist ein Alles-weiter-so-wie-bisher ja auch nicht das, wofür die Ampel gewählt wurde. Diese Regierung hat mindestens zwei riesigen Aufgaben vor sich: das Land klimaneutral und digital zu machen. Mit den alten Methoden kann so ein brachialer Umbau nicht gelingen.

Es braucht eine moderne Führungs- und Verwaltungskultur

Die Verwaltung beispielsweise wird niemals digital werden, solange Behörden lieber untereinander um Kompetenzen und Ressourcen streiten, statt projektbezogen und ressortübergreifend miteinander zu arbeiten. Digitale Lösungen gedeihen zudem besser in einer Atmosphäre des Vertrauens als in einer, in der das Einhalten von Hierarchiestufen die Garantie für die nächste Beförderung ist.

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Von der Leitung der Bundesministerien und den Führungskräften im öffentlichen Dienst werde künftig eine moderne Führungs- und Verwaltungskultur erwartet, heißt es im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien. Dafür bedarf es im Zweifel nicht jahrelanger ministerieller Erfahrung, sondern eher eines humanistischen Menschenbildes.

Die Neuen, die Jungen, die so ganz anderen, haben sich lange hinten anstellen müssen. Wenn die neue Regierung das Land wirklich erneuern will, muss sie nicht nur ins Amt kommen, sondern alle Chancen bekommen, sich zu bewähren. Versuch und Irrtum und neuer Versuch, bis es klappt – auch das stünde diesem Bündnis gut zu Gesicht.

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